Von Corona abgebremst: Der Eurostar in den letzten Zügen

Von Corona abgebremst: Der Eurostar in den letzten Zügen
Kaum noch Passagiere, leere Kassen – doch erstmals kommt Hoffnung auf Rettung für den Hochgeschwindigkeitszug unter dem Ärmelkanal auf

Vor einem Jahr noch war alles easy: In der Früh mit dem Eurostar ruckzuck von Paris, Amsterdam oder Brüssel nach London – und am Abend wieder entspannt zurück. Das Zugticket galt es wochenlang im Voraus zu buchen. Denn auch wenn die Hochgeschwindigkeitszüge früher zwei Mal pro Stunde unter dem Ärmelkanal zwischen dem Kontinent und Großbritannien hin und her düsten, waren sie fast immer ausgebucht.

Heute dagegen: Leere Schalter in den Bahnhofshallen des Eurostars. Kaum Passagiere in den Waggons, und nur noch ein Zug fährt pro Tag durch den längsten Unterwassertunnel der Welt.

Von Corona abgebremst: Der Eurostar in den letzten Zügen

Die Corona-Pandemie hat den Zugverkehr auf der Eurostar-Strecke fast zum Erliegen gebracht. Geht es so weiter, könnte er bald ganz still stehen. Die Kassen sind leer, und wenn nicht Unterstützung kommt, „droht im Frühling die Katastrophe“, warnt Eurostar-Chef Jacques Damas.

450 Millionen Euro hat das von Corona schwer beinträchtige Unternehmen selbst mit einem Kredit aufgebracht. Doch Staatshilfen, wie sie die Fluggesellschaften erhielten, blieben für den Eurostar bisher aus.

„Uns gehört es nicht“

Grund: Keiner fühlt sich wirklich für den Eurostar zuständig. Unternehmenssitz ist in London; 55 Prozent gehören der staatlichen französischen Bahngesellschaft SNCF, 5 Prozent der belgischen Bahn und 40 Prozent einem britischen Fonds. Paris versprach Hilfe, pocht aber auch auf kräftige Zuschüsse aus London.

In Großbritannien aber wollte man von staatlicher Hilfe für das verkehrsrtechnische Prestigeprojekt zwischen Insel und Festland lange Zeit nichts wissen.

Hatte doch schon Ex-Premierministerin Margaret Thatcher beim Spatenstich für den Tunnel befohlen: „Keinen Penny Staatsgelder!“

„Uns gehört das Ding ja nicht“, stellte der britische Verkehrsminister Grant Shapps deshalb diese Woche klar. Dennoch signalisierte er erstmals Entgegenkommen: Wenn Paris den Großteil des Hilfspaketes schnüre, werde London eventuell auch staatliche Beihilfen locker machen.

Mehr als 20 Millionen Passagiere fahren in Normalzeiten mit dem Eurostar nach London und retour – Gäste, die man nach Corona und Lockdown wieder sehen möchte.

Ob die Betreibergesellschaft dann Eurostar sein wird oder eine andere, scheint Shapps egal zu sein: „Dann übernimmt halt ein anderes Unternehmen. Der Tunnel verschwindet ja nicht.“

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