Oppositionskandidat Edmundo Gonzáléz kam auf 44,1 Prozent Stimmen. Nachwahlbefragungen unabhängiger Institute hatten allerdings Gonzáléz klar vorne gesehen. „Das Land hat einen Wechsel gewählt“, kommentierte Gonzáléz. Die wahren Ergebnisse ließen sich nicht verheimlichen.
Die Zweifler dagegen eint vor allem die Sorge vor einer neuen gigantischen Migrationswelle aus Venezuela. „Drei bis vier Millionen Menschen sitzen in Venezuela auf gepackten Koffern“, prognostiziert Thomas Wieland vom kirchlichen Hilfswerk Adveniat.
Maduros Schlägertruppen rückten aus
Weltweit hatten vor den venezolanischen Botschaften zehntausende Ex-Venezolaner auf die Ergebnisse gewartet. Viele mit dem Wunsch, endlich in ihre Heimat zurückkehren zu können. Als unabhängige Umfrageinstitute nach Nachwahlbefragungen einen klaren Wahlsieg von Gonzáléz voraussagten, feierten viele euphorisch. Umso härter die Landung nach Mitternacht, als das offizielle Ergebnis verkündet wurde.
Während in Caracas die gefürchteten „Colectivos“, die paramilitärischen Schlägerbanden des Regimes ausrückten, um die Opposition einzuschüchtern, schlug vor den Botschaften die Stimmung in pure Verzweiflung und Wut um.
Der Traum von einem demokratischen Wechsel, basierend auf dem friedlichsten aller Mittel, nämlich Wahlen, ist zum zweiten Mal nach 2015 zerplatzt. Damals konnte die Opposition eine nahezu Zweidrittel-Mehrheit bei den Parlamentswahlen erringen. Maduro löste wenig später die Nationalversammlung einfach auf.
Russland, China, Iran und Kuba erkannten dagegen den Sieg an. Eine Schlüsselrolle wird nun auf Brasilien und Kolumbien zu kommen. Beide Länder werden von einer demokratischen Linken regiert, die zuletzt vorsichtig auf Distanz zu Maduro ging. Und die beiden Nachbarländer werden auch eine Hauptlast eines neuen Massenexodus zu tragen haben.
Wie reagieren Kolumbien und Brasilien?
Zudem wird die politische Nähe der Präsidenten Gustavo Petro und Luiz Inácio "Lula" da Silva zu Maduro aus der Vergangenheit zunehmend zu einer Belastung. Für sie ist der Umgang mit dem Wahlergebnis ein Tanz auf dem Drahtseil: Petro hat ohnehin schon große Probleme, seinen fragilen Friedensprozess aufrecht zu erhalten, zu dem er Venezuela braucht.
Und Lula wird Glaubwürdigkeitsprobleme bekommen, seinem innenpolitischen Rivalen Jair Bolsonaro auch künftig die Wahlvergehen in Zusammenhang mit den Krawallen nach den eigenen Präsidentschaftswahlen vorzuwerfen, sollte er Maduros offensichtliche Manipulationen durchgehen lassen.
Flüchtlingswelle dürfte Einfluss auf die US-Wahl haben
Besonderen Einfluss aber werden die Geschehnisse auch auf den US Wahlkampf nehmen. Für Vizepräsidentin Kamala Harris, die wohl Gegenspielerin von Donald Trump werden wird, sind die Nachrichten aus Caracas verheerend. Bilder einer neuen Migrationswelle mitten im Wahlkampf wäre wie bestellt für Trumps Kampagne.
Vor allem viele junge Venezolaner haben ihren Verbleib im Land vom Ausgang dieser Wahlen abhängig gemacht.
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