Angst um Großeltern
Seit Freitagabend hat sie das Haus nicht mehr verlassen, auch wenn jeder sich im Dorf frei bewegen dürfe. Auch die Geschäfte seien offen, es gebe keine Versorgungsprobleme, sagt Marina. Angst um sich selbst habe sie nicht. „Ich mache mir aber Sorgen um meine Eltern und meine Großeltern, die 70 und 80 Jahre alt sind.“ Und um ihren zehnjährigen Bruder, den die Familie so gut es geht vom Ernst der Lage abzulenken versucht.
„Die Situation ist nicht einfach, aber wir probieren ruhig und zuversichtlich zu bleiben.“ Marinas Familie hofft, dass sie wie alle im Dorf bald den Virustest machen kann – und es dann Entwarnung für sie gibt. Im Moment helfe dem Teenager der Kontakt mit ihren Freunden über soziale Netzwerke, „dadurch fühle ich mich weniger allein“. Aber am wichtigsten sei, „ruhig zu bleiben und nicht Panik in der Bevölkerung zu verbreiten“.
Zahl der Toten steigt
In diese Kerbe schlägt auch Italiens Zivilschutzchef: „Unser Land ist sicher und man kann beruhigt hierher kommen“, übte sich Angelo Borrelli in Zuversicht. Dabei muss er alle paar Stunden die Zahl der Coronavirus-Infizierten in Italien nach oben korrigieren – und die Zahl der Toten. Montagmittag meldete Borrelli 219 Infizierte (am Vortag waren es 150) und das fünfte Todesopfer.
Wenig später folgte die sechste Todesnachricht. Alle Todesopfer waren weit über 70 Jahre alt. Die Zahl der Infizierten in Italien stieg ebenfalls kontinuierlich. Am Nachmittag meldete Borrelli 260. Mehr als 20 infizierte Italiener kämpften auf Intensivstationen um ihr Leben.
"So surreal"
"Das spielt sich quasi vor unserer Haustür ab – das ist so surreal“, sagt Claudia Steidl, die gebürtige Linzerin wohnt in einem Vorort von Padua. Ihr Mann, ein Krankenpfleger, habe das ganze Wochenende vor dem Fernseher verbracht, um ja keine Information zu verpassen. "Ich habe mich nach ein paar Stunden ausgeklinkt. Du wirst sonst verrückt. Italiens Sensationsjournalismus ist nicht auszuhalten“, sagt die Germanistin. Von Panik oder Hamsterkäufen könne in Padua keine Rede sein.
Das gelte auch für Mailand, berichtet der Uniprofessor Herbert Kotzab aus der lombardischen Metropole. Der Dom sei wie viele Monumente in Italien gesperrt, aber ansonsten sei die Lage ruhig, sagt der Wiener. Wer konnte, arbeitete am Montag daheim.
"Virusschleuder"
Bis Mittwoch sind in Schulen und Kindergärten in Italien "Karnevalsferien“. Das heißt aber auch, dass Urlauber das Virus leicht weiterverbreiten könnten. So wie ein Ehepaar aus der Lombardei, das in Südtirol positiv getestet wurde. Steidl: "Das Virus lässt sich wohl nicht mehr aufhalten, das hat mir auch eine Spitalsärztin im privaten Gespräch so gesagt.“
Auch in Venedig, wo der Karneval am Sonntag für beendet erklärt wurde, gibt es mindestens zwei bestätigte Virusfälle. "Am Samstag war es am Markusplatz nicht so voll wie üblich, aber das Parkhaus am Piazzale Roma war voll mit Autos aus Österreich, Deutschland, der Schweiz und den Niederlanden“, berichtet KURIER-Leserin Susanne H. und gibt zu bedenken: "Wenn Venedig die Virusschleuder war, dann kannst du gar nichts mehr machen.“
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