"V-Day": Die zweite Corona-Impfung ging an William Shakespeare
Großbritannien begann als erstes westliches Land begann mit Corona-Impfungen. Gesundheitsminister Matt Hancock sprach von dem "Anfang vom Ende“ der Pandemie.
„Es ist das beste vorzeitige Geburtstagsgeschenk“, sagte Margaret Keenan in Coventry, die nächste Woche ihren 91. feiert. Sie wurde am Dienstag kurz nach 6:31 Ortszeit als Erste gegen das Corona-Virus geimpft – mit dem von Pfizer und BioNTech entwickelten Serum.
Am „V-Day“ (Vaccination Day) startete Großbritannien als erstes westliches Land seine Impfkampagne. Der Name lehnt sich an den „VE-Day“ an, den Tag des Sieges in Europa im Zweiten Weltkrieg (Victory in Europe Day), was die historische Dimension unterstreichen sollte. Dass nach Keenan ein Mann namens William Shakespeare an die Reihe kam, war wohl poetischer Zufall. Das größte Impfprojekt der Geschichte des Landes, das mit mehr als 61.000 Corona-Toten einen traurigen Rekord in Europa hält, verdrängte sogar den Brexit-Streit aus den Schlagzeilen.
Premier Boris Johnson, dessen Corona-Management oft kritisiert wird, freute sich über den „Riesenschritt“ im Kampf gegen die Pandemie. Gesundheitsminister Matt Hancock versprach, die Impfkampagne, bei der alle vier Landesteile zusammenarbeiten, sei „der Anfang vom Ende“. Allerdings betonten beide, dass es Zeit und Geduld brauchen werde, ehe die Impfung die breite Bevölkerung erreiche. Chefs des britischen Gesundheitsdienstes NHS sprechen von einem „Marathon“. Bis Jahresende sollen laut Hancock „Millionen“ gepikst werden.
Ältere zuerst
Die Regierung zielt in der ersten Impf-Phase, die bis etwa April laufen soll, auf mehr als 25 Millionen Personen mit höchstem Krankheitsrisiko, also solche über 50 Jahre oder mit Grunderkrankungen. Der Rest der 68 Millionen Einwohner kommt danach dran. Das Präparat wird im ersten Schritt in 70 Kliniken, die als Impfzentren dienen, an Leute über 80 Jahre, Pflegeheimarbeiter und besonders gefährdetes medizinisches Personal verabreicht. Nach drei Wochen bekommen sie eine zweite Injektion.
Das Land hat bisher 800.000 von 40 Millionen bestellten Dosen des Vakzins erhalten; bis Jahresende sollen es etwa fünf Millionen werden. Da es bei minus 70 Grad transportiert und rasch verabreicht werden muss, werden Bewohner von Alters- und Pflegeheimen erst demnächst von mobilen Teams geimpft. In den kommenden Wochen soll das Netzwerk auch um Arztpraxen und Spitäler erweitert werden. Sobald mehr Dosen verfügbar sind, sind Massenimpfstellen in Konferenzzentren und Fußballstadien geplant. Das Militär, das hier helfen soll, könnte laut Berichten auch Flugzeuge zum Impfstoff-Import einsetzen, sollte der Brexit zu Hafen-Blockaden führen.
Pensionist Kevin, 64, seine Gattin und deren Tochter, die eine Grunderkrankung hat, haben schon von ihrem Hausarzt gehört und ihr Interesse an der Injektion angemeldet. „Wir werden es so schnell wie möglich erledigen, um zu einer Art Normalität zurückzukehren“, sagt er dem KURIER. Zwei Freunde von ihm hatten aber in der Vergangenheit „schlechte Reaktionen“ auf Grippeimpfungen und „sind noch unentschlossen“.
Briten haben laut Experten traditionell relativ hohes Impf-Vertrauen, aber das Vakzin und seine Notfallzulassung in der Vorwoche machten manche zu Zweiflern. Einer Umfrage zufolge wollen 68 Prozent der Briten die Impfung, 20 Prozent nicht, 48 Prozent haben Sicherheitsbedenken.
Verschwörungstheorien
Dazu kommt, dass in den sozialen Medien Verschwörungstheorien kursieren: So wird behauptet, dass Kinder ohne Zustimmung der Eltern geimpft werden können, dass durch das Vakzin weitere Gliedmaßen wachsen würden oder man sich in einen Schimpansen verwandeln könnte. Facebook, Twitter und Google versprechen, hier durchzugreifen.
Die Regierung hofft auf den positiven Einfluss von Queen Elizabeth II., 94, und Prominenten wie Monty Python-Star Michael Palin, 77, und Bob Geldof, 69, die sich für die Impfung ausgesprochen haben. Die Königin und ihr Mann Prinz Philip, 99, wollen sich laut Medien impfen lassen, um unsichere Mitbürger zu ermutigen.
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