Doch hinter Trumps erratischem Vorgehen soll ein Masterplan stecken und die jetzige Phase nur der Auftakt für etwas sehr viel Größeres sein.
An der Wall Street und in Europas Hauptstädten reißen die Spekulationen über einen "Mar-a-Lago-Accord" nicht ab. Wollen Trump und seine Entourage den US-Dollar also gezielt schwächen, um amerikanische Exporte zu stärken und so die Wettbewerbsfähigkeit seiner Industrie auf den Auslandsmärkten zu erhöhen? Sind die Zölle nur seine Verhandlungsmasse, mit der er Regierungen und Zentralbanken in aller Welt zwingen will, ihre jetzigen 10-, 20- oder 30-jährigen US-Staatsanleihen gegen unverzinste 100-jährige Anleihen zu tauschen, um sich Milliarden an Zinszahlungen zu ersparen? Wird er versuchen, den nuklearen Schutzschirm der USA zu barem Geld zu machen?
Erpressungsversuch?
All das kann man in den Mar-a-Lago-Accord hinein interpretieren. Von Trumps "brutalem Schutzgeldplan" schreibt die Süddeutsche Zeitung. Es handelt sich aber um kein Gesetz oder offizielles Dokument, eher um eine "Weltanschauung" seiner wirtschaftspolitischen Chefberater, wie Die Zeit meint. Denn Trumps Einflüsterer sehen im starken Dollar den Hauptgrund für das gigantische US-Handelsbilanzdefizit - stellvertretend für die angeblich ungerechte Lastenverteilung zwischen den USA und dem Rest der Welt.
Das war auch vor 40 Jahren schon so. Die USA unter Ronald Reagan litten in den 1980er-Jahren ebenfalls unter einem riesigen Außenhandelsdefizit und einem rasant wachsenden Schuldenberg. Reagan schaffte 1985 ein historisches Abkommen, er überredete seine vier Verbündeten Japan, BRD, Großbritannien und Frankreich zur gemeinsamen, gezielten Abwertung des Dollars. Der Plaza Accord war geboren, benannt nach dem New Yorker Nobelhotel, in dem das Abkommen unterzeichnet wurde. Und das später selbstverständlich zu den Lieblingsimmobilien von Trump gehörte.
Der Plaza Accord sorgte zumindest kurzfristig für eine Abwertung des Dollars, einige Exportbranchen wurden gestärkt. Die industrielle Basis wurde aber nicht nachhaltig gestärkt. Insbesondere als China vor 30 Jahren die wirtschaftliche Weltbühne betrat und fortan massiv in die USA exportierte. Peking kaufte von den Exporteinnahmen US-Staatsanleihen und der Dollar wertete wieder auf.
Ein "Benutzerhandbuch"
Der Begriff Mar-a-Lago-Accord, benannt nach dem Luxusanwesen Trumps in Florida, erinnert bewusst an Reagans damaliges Abkommen. Geprägt hat den Begriff Stephen Miran, der neue Chef-Wirtschaftsberater im Weißen Haus. Er veröffentlichte im November ein 40-seitiges Papier mit dem Titel: "Benutzerhandbuch zur Umstrukturierung des globalen Handelssystems", das seither rauf und runter zitiert wird. Die Quintessenz von Miran ist: Auf die Zölle wird der Mar-a-Lago-Accord folgen. Die Zölle werden demnach als Waffe eingesetzt, um Staaten an den Verhandlungstisch und zu einer Abwertung des US-Dollars zu zwingen.
Ob das jemals dazu kommt, ist höchst zweifelhaft, auch wenn Beobachter Trump ein knallhartes Vorgehen durchaus zutrauen.
Monika Rosen, Finanzmarktexpertin und Vizepräsidentin der Österreichisch-Amerikanischen Gesellschaft, sagt zum KURIER: "Vieles von diesen Plänen kommt mir recht weit hergeholt vor, speziell wenn ich an die möglichen negativen Reaktionen der Märkte denke. Schließlich gehören die Verlässlichkeit und Stabilität des US-Finanzmarktes zu den Kronjuwelen der USA."
Insbesondere der Ansatz einer möglichen Umschuldung laufender US-Anleihen in unverzinste 100-jährige US-Staatsanleihen hätte aus Sicht der Trump-Berater großen Charme, stößt aber bei Fachleuten auf enorme Skepsis. Der Vorteil wäre, sich enorme Zinszahlungen zu ersparen, und die Nachfrage nach den Anleihen zu reduzieren, was wiederum den Dollar-Kurs drücken sollte. Heute müssen die USA drei Milliarden Dollar täglich an Zinsen für ihren Schuldenberg in Höhe von 36.000 Milliarden hinblättern.
Doch Trump müsste schon gewaltigen Druck auf Länder und Zentralbanken ausüben, um sie zu so einer Umschuldung zu bewegen.
Gegenüber Europa kann er mit dem Entzug des nuklearen Schutzschirms drohen, doch weil in Europa der Euro als vorrangige Reservewährung gehalten wird, ist das Volumen an US-Staatsanleihen gering. Größter Auslandsgläubiger der USA ist mit Abstand China. Doch Peking hat kaum einen Grund, solchen Umschuldungs-Forderungen nachzukommen. Noch dazu widersprechen sie marktwirtschaftlichen Prizipien, denen sich Trump ja auch verpflichtet fühlt.
Markus Stix, Chef der Bundesfinanzierungsagentur und von Berufs wegen mit Staatsschulden und ihrer Finanzierung beschäftigt, sagt daher: "100-jährige Anleihen sind ein Marktsegment in dem nicht unbegrenzt und nicht zu jedem Zeitpunkt Nachfrage seitens der Investoren vorhanden ist. Ob und in welchem Ausmaß eine Umschuldung in größerem Ausmaß gelingen kann, ist deshalb schwer abschätzbar."
Am 22. September jährt sich der Plaza Accord jedenfalls zum 40. Mal. Gut möglich, dass Trump, der als Friedensstifter und Wirtschaftsguru in die Geschichte eingehen will, just an diesem Tag mit dem Mar-a-Lago Accord loslegen will. Die USA sind die größte Volkswirtschaft der Welt und der US-Dollar ist die Leitwährung der globalen Wirtschaftswelt. Doch das scheint im Denken des „Make America Great Again“ noch viel zu wenig zu sein.
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