Iran-Angriff gescheitert? Wie Trump vom US-Geheimdienst "erniedrigt" wurde

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Ein Bericht enthüllt: Der US-Bombenangriff hat die Uran-Anreicherung nur um einige Monate zurückgeworfen. Fliegt Trump jetzt die Wahrheit um die Ohren?

Die Liste der Tabu-Themen, über die beim Nato-Gipfel in den Niederlanden heute nicht öffentlich gesprochen werden soll, um Donald Trump nicht zu verdrießen, ist plötzlich noch länger geworden.

Zum einen soll wegen Trumps bekannter Bewunderung für Wladimir Putin nicht groß an die Glocke gehängt werden, dass die massive Steigerung der Verteidigungsausgaben auf fünf Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung jedes Nato-Mitglieds allein der Bedrohung durch Russland geschuldet ist.

Zum anderen wird den versammelten Staats- und Regierungschefs informell ans Herz gelegt, den über Nacht zum Friedensfürsten zwischen Iran und Israel aufgestiegenen Republikaner nicht auf frische Berichte seines eigenen Militärgeheimdienstes anzusprechen. Darin wird fünf Tage nach einem der größten US-Bomben-Einsätze der jüngeren Geschichte ein für Trump desaströses Zwischenfazit gezogen:

Atomprogramm nicht "vollständig ausgelöscht"

Laut Experten der „Defence Intelligence Agency” (DIA) wurde das iranische Atomprogramm bei dem komplexen Einsatz mit B-2-Tarnkappenbombern anders als von Trump penetrant behauptet nicht „vollständig ausgelöscht” - sondern bestenfalls um einige Monate zurückgeworfen; maximal sechs, wie es heißt.

A satellite image shows new airstrike craters on the perimeter of the Fordow Fuel Enrichment Facility, near Qom

Wie seriöse US-Medien unter Berufung auf DIA-Quellen berichten, handelt es sich dabei um eine erste Schadenserhebung, der weitere folgen müssten, die sich aber in der Kern-Aussage mit der Expertise israelischer Experten deckt: Danach wurden die mit 14 jeweils 14.000 kg schweren Bunker brechenden Mega-Bomben und drei Dutzend Tomahawk-Raketen eingedeckten Atom-Standorte Fordo, Isfahan und Natanz nicht irreparabel beschädigt. 

Damit bricht der „Spin” zusammen, den Trump, Vize-Präsident JD Vance und Verteidigungsminister Pete Hegseth von der ersten Minute unters Volk streuten: Dem Iran seien alle Instrumente aus der Hand geschlagen worden, eine Atomwaffe zu bauen.

Auch Nato-Generalsekretär Mark Rutte steht plötzlich blöd da. In einer privaten Nachricht an Trump dankte der Niederländer dem Präsidenten für sein „entschlossenes Handeln“ im Iran. „Das war wirklich außergewöhnlich und etwas, das niemand sonst zu tun wagte“, schrieb Rutte. „Es macht uns alle sicherer.“ Wirklich?

"Versuch, Trump zu erniedrigen"

Entsprechend brachial konterte Trumps Sprecherin Karoline Leavitt die Berichterstattung. „Die Weitergabe dieser angeblichen Einschätzung ist ein klarer Versuch, Präsident Trump zu erniedrigen und die mutigen Kampfpiloten zu diskreditieren, die eine perfekt ausgeführte Mission zur Zerstörung des iranischen Atomprogramms durchgeführt haben“, sagte sie in einer Erklärung. „Jeder weiß, was passiert, wenn man 14 30 000-Pfund-Bomben perfekt auf ihre Ziele abwirft: totale Vernichtung.“

DIA-Experten und Vertreter des Zentralkommandos (CENTCOM), das die Federführung bei der „Operation Mitternachtshammer” hatte, haben dagegen vorläufig ermittelt, dass die amerikanischen Bombenangriffe bei zwei Nuklearanlagen zwar die Eingänge versiegelt hätten, ohne dabei aber die unterirdischen Bereiche zu zerstören, wo in Tausenden Zentrifugen Uran angereichert wird. Der Stoff, den es für eine Nuklearwaffe braucht.

Besonders für Verteidigungsminister Pete Hegseth, der nach dem ersten Kriegseinsatz der Trump-Präsidentschaft komplett in den Jubel-Ton des Chefs eingestimmt war, ist der fünfseitige Geheimbericht, der am Dienstagabend an die Medien durchgestochen wurde, peinlich. Die DIA ist integraler Bestandteil seines Hauses. Aber Hegseth bleibt bei seiner Linie: „Aufgrund aller uns vorliegenden Informationen – und ich habe alle Informationen gesehen – hat unsere Bombardierungskampagne die Fähigkeit des Iran zur Herstellung von Atomwaffen ausgelöscht“, erklärte er am Dienstag vor Reportern.

Weitere Hiobsbotschaften

Der DIA-Bericht, über den am Donnerstag der Streitkräfte-Ausschuss des Senats unterrichtet werden soll, wartet mit weiteren Hiobsbotschaften auf, die die von Trump gezogene Erfolgsbilanz in ein schiefes Licht rücken.

Danach hat der Iran offenbar weiter die Kontrolle über fast sein gesamtes Nuklearmaterial. Noch nicht vollständig angereichertes Uran sei vor den Bombenangriffen in Sicherheit gebracht worden, heißt es in dem Bericht; vermutlich in kleine geheime Anreicherungsanlagen, die bereits vor langer Zeit gebaut wurden, damit die Regierung in Teheran sein Atomprogramm im Falle eines Großangriffs auf Fordo etc. fortsetzen kann. 

Was bedeuten würde, dass der Iran, sollte er sich für die Herstellung einer Atomwaffe entscheiden, dies möglicherweise immer noch relativ schnell tun könnte. Beobachter der Bomben-Kampagne Trumps sehen jetzt genau diese Gefahr. Im Wall Street Journal schreibt William Galston: “Die Angriffe sollten das iranische Atomprogramm zurückwerfen und die Führung des Landes davon überzeugen, dass ihr Streben nach Atomwaffen sinnlos ist. Das mag zwar funktionieren, könnte das Regime aber auch davon überzeugen, dass der Wettlauf um die Atombombe seine beste Überlebenschance ist.”

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