Im US-Schuldenpoker wird jetzt um jede Stimme gefeilscht

Kompromiss: Chef des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy und US-Präsident Joe Biden (r.)
Von Dirk Hautkapp, Washington
Die grundsätzlichen Schritte zur Vermeidung eines Staatsbankrotts in den USA, der die Weltwirtschaft in Mitleidenschaft ziehen würde, sind getan. Nun hat der Kongress das letzte Wort.
Wann die von den Verhandlungsteams von US-Präsident Joe Biden und Kevin McCarthy, Sprecher des Repräsentantenhauses, erzielte Verständigung zur Anhebung der Schuldenobergrenze die erforderlichen 218 Stimmen im Repräsentantenhaus und 60 Stimmen im Senat bekommt, ist noch offen.Dabei drängt die Zeit. Bereits am kommenden Montag würden die Vereinigten Staaten laut Finanzministerin Janet Yellen zum ersten Mal in ihrer Geschichte zahlungsunfähig, wenn Präsident Biden nicht bis dahin ein entsprechenden Gesetz unterzeichnet hat.
Seit Vorlage eines Kompromiss-Pakets am Sonntagabend wird bei Republikanern wie Demokraten um Zustimmung gerungen.
In beiden Lagern regt sich aber Unmut.
Im Kern sieht das Dokument, das den linken Flügel der Demokraten und den rechten Rand der Republikaner gleichermaßen unzufrieden stimmt, vor, dass die USA bis 2025 über das bereits ausgeschöpfte Limit von 31,4 Billionen Dollar hinaus Schulden aufnehmen dürfen.
Kurzfristig werden die Ausgaben insgesamt eingefroren; mit Ausnahme des Verteidigungsetats und der Zahlungen an Veteranen. 2024 darf die Steuerung nur ein Prozent betragen.
Kürzung bei Zuschüssen
Die Konservativen haben dabei für Bezieher staatlicher Lebensmittel-Zuschüsse eine Arbeitspflicht bis zum Alter von 54 Jahren durchgesetzt, bisher waren es 49. Außerdem werden die Zuschüsse für die Steuerbehörde um zehn Mrd. Dollar gekürzt.Im Repräsentantenhaus, wo die Republikaner eine knappe 222 zu 213-Stimmen-Mehrheit besitzen, tun sich seit Wochen rund 40 rechtskonservative Parlamentarier mit Maximalforderungen hervor, die Präsident Biden als unannehmbar bezeichnet hat.
Im Senat, wo die Demokraten hauchdünn mit 51:49-Stimmen den Ton angeben, gibt es ebenfalls Extremisten, die entweder radikal sparen oder staatliche Programme noch ausweiten wollen.
Vor allem vom sogenannten „Freedom Caucus“ der Republikaner im Repräsentantenhaus werden in den nächsten Tagen massive Störmanöver erwartet. Dort erklärten Abgeordnete wie der Texaner Chip Roy bereits öffentlich, dass sie alles tun werden, um einen Kompromiss zu torpedieren. Sie werden von Ex-Präsident Donald Trump unterstützt.
Alle Anzeichen deuten heute darauf hin, dass eine rechtskräftige Einigung erst unmittelbar vor Ablauf der Frist am 5. Juni kommen wird. Aufgrund komplizierter Abläufe im Senat wird aber auch nicht ausgeschlossen, dass erst Mitte nächste Woche der Poker um die Staatsschulden vorbei ist.
Ratingagenturen wie Moody’s warnen, dass bereits ein einwöchiger Zahlungsausfall den Verlust von 1,5 Millionen Arbeitsplätzen in den USA zur Folge haben könnte. An der Börse sowie im Verbraucherverhalten ist die Hängepartie um den Staatsbankrott bereits spürbar. Konsumenten verschieben Ausgaben, Unternehmen nötige Investitionen.
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