Verhandlungspoker
Noch aber, sagt Rosen, hielten beide Parteien ihre Verhandlungschips im politischen Schuldenpoker fest in der Hand. Die Republikaner pochen angesichts der kräftig gestiegenen Zinsen auf Sparmaßnahmen und haben dabei ganz klassisch Bereiche wie Soziales oder Gesundheit im Visier. Die Demokraten wiederum wollen angesichts des Konflikts mit Russland keinesfalls ein Schwächesignal aussenden, sondern Stärke demonstrieren.
US-Verfassungsjuristen würden laut Rosen darüber diskutieren, ob der Präsident nicht notfalls per Dekret und ohne den Kongress die aktuelle Schuldenobergrenze von 31.400 Milliarden US-Dollar (28.857,64 Milliarden Euro) anheben dürfte. Begründen dürfte er dies damit, wonach die Kreditwürdigkeit der USA keinesfalls in Zweifel gezogen werden dürfe. Wie auch immer: Bis 1. Juni muss eine Lösung her, sonst droht die Zahlungsunfähigkeit – mit unabsehbaren Folgen für die Finanz- und Wirtschaftswelt.
Die wichtigsten Fragen
Warum droht überhaupt ein Zahlungsausfall?
Theoretisch könnten die USA jederzeit Geld drucken, aber ein Gesetz legt fest, dass das Parlament bestimmt, wie viel Geld sich der Staat leihen darf. Zudem gibt es seit 1917 eine gesetzliche Schuldenobergrenze, um den Handlungsspielraum der Regierung zu erweitern. Mittlerweile ist der Deckel von rund 31.400 Milliarden US-Dollar erreicht und das Finanzministerium muss bereits Kapitalreserven anzapfen.
Was passiert bei einem Zahlungsausfall?
Der Staat wäre nicht mehr in der Lage, einen Großteil der Rechnungen oder Gehälter zu zahlen. Wie bei vorigen Shutdowns müsste die Regierung wohl einen Teil der rund zwei Millionen Bundesbeschäftigten vorübergehend beurlauben oder in unbezahlte Arbeit zwingen. Militär, Justiz, Post oder Luftsicherung könnten nur eingeschränkt aufrecht erhalten werden. Museen oder Nationalparks würden geschlossen.
Was droht an den Börse?
US-Finanzministerin Janet Yellen warnt gar vor einer möglichen globalen Finanzkrise samt wirtschaftlichem Abschwung. US-Staatsanleihen bilden quasi die Grundlage des globalen Finanzsystems. Ein Zahlungsausfall würde vor allem die Derivate-, Hypotheken- und Rohstoffmärkte schwer beuteln. Schon ein kurzfristiges Überschreiten des Schuldenlimits könnte zu einem sprunghaften Zinsanstieg und Kurseinbruch an den Aktienmärkten führen. Die Risikoaufschläge auf kurz laufende US-Staatsanleihen (Laufzeit: 1 Monat) sind bereits deutlich angestiegen.
Wie bereitet sich die Finanzwelt darauf vor?
Banken, Makler und Handelsplattformen wappnen sich bereits für mögliche Ausfallsszenarien. Es gilt vor allem hohe Handelsvolumina (technisch) zu bewältigen sowie die Liquidität zu sichern, um heftigen Kursschwankungen standzuhalten und Panikverkäufe zu vermeiden. Der Wall-Street-Lobbyingverband Sifma hat ein eigenes Handbuch für den Worst Case erstellt, in dem auch die Kommunikation nach außen geregelt ist.
Die Sifma rechnet damit, dass das Finanzministerium Zeit für die Rückzahlung an die Anleihegläubiger gewinnt. Dabei würde es vor einer Zahlung ankündigen, dass es die fälligen Wertpapiere verlängern wird, indem es sie je um einen Tag verlängert. So könnte der Markt weiter funktionieren, aber es würden wahrscheinlich keine Zinsen für die verzögerte Zahlung anfallen.
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