Nicht mal Hillary Clinton wählten sie
Dass sich viele weiße Wählerinnen für Kamala Harris begeistern, ist durchaus überraschend. Laut dem Center for American Women and Politics an der Rutgers University haben weiße Wählerinnen nämlich seit 20 Jahren durchgehend republikanisch gewählt, seit 1952 gab es überhaupt nur zwei Wahlgänge, wo sie mehrheitlich für den demokratisch en Kandidaten gestimmt hatten. Selbst 2016 passierte das nicht, zur großen Verwunderung vieler Beobachter: Donald Trump bekam damals von weißen Wählerinnen deutlich mehr Stimmen als Hillary Clinton, immerhin die erste weibliche Kandidatin der Geschichte.
Bei schwarzen Frauen lag die Demokratin damals jedoch vorn. Um die Sympathien dieser Gruppe muss sich Kamala Harris – selbst eine Tochter einer Inderin und eines Jamaikaners – weniger Sorgen machen als ihr Vorgänger; von Joe Biden hatten sich schwarze Frauen zusehends abgewandt. Dass aber auch weiße Frauen in großer Zahl für Harris stimmen könnten, damit rechneten offenbar nicht mal die Organisatorinnen. „Karens for Kamala?“, witzelte die Schauspielerin Connie Britton, die auch an dem Call teilnahm. Die stereotype „Karen“-Figur ist eine weiße, privilegierte Mittelschicht-Frau, die sich gern über unbedeutende Kleinigkeiten beschwert – und Schwarze schon mal ungefragt am Haar berührt.
Größte Wählergruppe
Die Frauen im Zoom-Call fanden den Witz lustig, in rechten Netzwerken spottete man jedoch umgehend über die „herabwürdigende Sprache“. Auch das hat seine Gründe: Weiße Frauen stellen mit Abstand die stärkste Wählergruppe, sie stellen 39 Prozent der Wahlberechtigten. Kommen sie den Republikanern zum Teil abhanden, ist das wahlentscheidend.
Harris ist das mehr als bewusst. Nicht umsonst adressiert die 59-Jährige gezielt Frauenthemen, das gekippte Recht auf Abtreibung etwa, zuletzt vermehrt Mütterrechte. Forderungen nach bezahltem Elternurlaub und leistbarer Kinderbetreuung (die kostet in den USA im Schnitt 12.000 Dollar pro Jahr) wurden in den letzten Jahren massiv lauter; Harris sprang schon 2020 darauf auf, sprach von sechs Monaten Urlaub für junge Eltern. Auch in ihrer ersten Wahlkampfrede setzte sie sich dafür ein.
Ihren Gegner Trump interessierte all das bisher kaum. In der verheerenden Debatte mit Joe Biden ignorierte er die Frage – und sprach über sein Golf-Handicap.
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