Robert Dornhelm: "Trump geht über Leichen"

Robert Dornhelm, Film- und zuletzt auch Opernregisseur
Serie: Der österreichische Regisseur Robert Dornhelm ist noch etwas ratlos, was er in dem Fall eines Wahlsieg Donald Trumps machen soll.

Wie sehen ausgewiesene USA-Kenner den Wahlkampf in den Vereinigten Staaten? Wie lautet ihre Prognose für die Wahl am 8. November? Und vor allem: Was hat sich in den USA schon alles geändert beziehungsweise wird sich mit der neuen Präsidentschaft ändern? Der KURIER lässt anlässlich dieser zentralen weltpolitischen Entscheidung Expertinnen und Experten in einer Kurz-Serie zu Wort kommen.

Der Regisseur Robert Dornhelm lebt seit fast 40 Jahren in den USA, in der Nähe von Los Angeles. Vor zwei Tagen kam er nach Wien, um sein neues TV-Großprojekt "Sacher" fertigzustellen. Wann er wieder zurückfliegt, weiß er noch nicht genau. "Ich bin ratlos, was ich mache, falls Trump Präsident wird", sagt er im Interview.

KURIER: Herr Dornhelm, wie beurteilen Sie aktuell die Situation in den USA?

Robert Dornhelm: Ich bin empört. Ich kann kaum noch schlafen. Ich bin über den Zustand unserer Gesellschaft wirklich entsetzt: Die Hälfte der Amerikaner ist offenbar bereit, einen Verbrecher wie Trump zu wählen. Selbst wenn Hillary gewinnt, ist das nur ein kleiner Trost.

Sie leben schon seit Jahrzehnten in den USA. Haben Sie persönliche Erfahrungen mit Trump?

Die ersten schon im Jahr 1979. Ein lieber Freund von mir, der Filmproduzent Federico De Laurentiis, der Sohn von Dino, hatte mit seinem Schwager im allerersten Trump-Tower auf der 5th Avenue in New York ein Kaffeehaus eingerichtet. Als Trump sah, wie erfolgreich das war, tauchte er dort auf und wollte anstelle der Miete etwa 70 Prozent der Einnahmen haben. Das sind Mafia-Methoden der ärgsten Sorte. Er hat sie einfach rausgeworfen. Federico ist später bei einem Flugzeugabsturz gestorben, und sein Schwager hat die USA verlassen. Trump geht über Leichen. Und er ist ein übler Rassist. Er wollte in dieser Zeit in New York auch zwei Wohnungen nicht an Schwarze vermieten – und wurde dafür gerichtlich verurteilt.

Ihr Kommentar zu seinen frauenfeindlichen Äußerungen?

Seine Einstellung Frauen gegenüber ist völlig inakzeptabel, trotzdem finde ich es ärgerlich, wenn er über seine blöden Frauengeschichten stolpert, weil andere Dinge noch viel schlimmer, menschlich indiskutabel sind.

Was passiert Ihrer Meinung nach, wenn er Präsident wird?

Es wird so oder so etwas passieren. Er hat ja schon angekündigt, eine Niederlage nicht akzeptieren zu wollen. Wenn er verliert, werden bestimmt einige Verrückte zu den Waffen greifen. Und wenn er gewinnt, werden sich einige Mexikaner und Schwarze das nicht gefallen lassen. Aber das sind zum Glück nicht solche Waffennarren wie die Trump-Fans. Ich habe zuletzt eine Statistik gelesen, dass jeder Waffenschein-Inhaber in den USA im Schnitt acht bis neun Waffen besitzt. Es gibt also mehr Waffen als Menschen.

Wie sehr ist die Gesellschaft in den USA schon durch den Wahlkampf gespalten?

Völlig. Wir haben auch zwei Familien die Freundschaft aufgekündigt. Die waren ursprünglich Bernie-Sanders-Fans, so wie meine Frau und ich. Aber sie waren nicht bereit, zu Hillary zu wechseln, sondern haben angekündigt, nun Trump zu wählen. Das darf doch nicht wahr sein.

Wie beurteilen Sie die Präsidentschaft von Obama?

Wir hatten seit Kennedy keinen so gescheiten, starken, gütigen, vernünftigen Leader mehr. Aber selbst er hat es leider nicht geschafft, etwa die Schließung von Gu- antánamo Bay durchzukriegen. Ich habe das Gefühl,die Republikaner und einige Tea-Party-Verrückte sind immer noch sauer, dass ein Schwarzer acht Jahre Präsident war. Sie versuchen alles, um Hillary zu verhindern. Wie das FBI zuletzt agierte, wie die eMail-Affäre rund um Hillary wieder aufgegriffen wurde, das grenzt an einen Staatsstreich.

Ihre Prognose für die Wahl?

Ich kann mir Trump nicht vorstellen. Aber wer weiß. Hitler ist mit 32 Prozent an die Macht gekommen. Die Medien haben Trump aufgebaut, jetzt werden sie ihn nicht mehr los wie der Zauberlehrling den Besen. Der innere Schweinehund ist entfesselt, jetzt rülpst er nur noch. Aber das Phänomen gibt es nicht nur in den USA. Trump, Brexit, Orbán, Le Pen – da steckt überall der gleiche Mechanismus dahinter. Das sieht man auch in Österreich.

Inwiefern?

Wenn sich Hofer- oder Strache-Wähler über Trump oder Brexit empören, müssten sie bloß in den Spiegel schauen und erkennen, dass sie aus dem gleichen Holz geschnitzt sind wie jene, über die sich empören. Populismus und die niedrigsten Instinkte nehmen überhand. Wir wanken sehr erschreckenden Zeiten entgegen.

Was ist aus Ihrer Sicht schuld?

Etwa das Fernsehen. Es hat, nicht nur in den USA, aufgehört, ernsthaft Bildung zu betreiben. Reality-Shows sind wichtiger als News. Das führt zur Verblödung.

Wie erklären Sie sich die Achse RusslandTrump?

Russland hat kein Interesse, dass es in den USA einen starken Leader gibt. Man will in erster Linie den alten Feind schwächen. Putin unterstützt ja auch viele Rechtsradikale in Europa.

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