USA

Höflich und respektvoll: Trump bei Obama

Bei ihrem Zusammentreffen im Weißen Haus sprachen Trump und Obama länger als geplant. Friktionsfrei war das Verhältnis zwischen den beiden in der Vergangenheit nicht.

Der designierte US-Präsident Donald Trump hat Amtsinhaber Barack Obama im Weißen Haus getroffen, um die Modalitäten der Amtsübergabe zu besprechen. Geplant waren 15 Minuten, geworden sind es eineinhalb Stunden.

Barack Obama sagte in seinem Statement nach dem Treffen mit Donald Trump, dass sie ein exzellentes Gespräch gehabt hätten. Besprochen wurden organisatorische Dinge die Amtsübergabe betreffend, aber auch Außen- und Innenpolitik. Weiters stellte Obama fest, dass es ein Interesse von Trump gäbe, mit Mitgliedern seines Teams zusammenzuarbeiten. "Wir werden alles tun, damit Sie erfolgreich sind", sagte Obama in Richtung Trump. "Wenn Sie erfolgreich sind, ist das Land erfolgreich".

Donald Trump erklärte, dass dies das erste Mal war, dass er und Obama sich getroffen hätten. Er versicherte, dass er großen Respekt vor Obama hätte und in der Unterredung wurden einige erfreuliche und auch einige schwierige Dinge besprochen.

72 Tage bleiben Trump, um alles zu erfahren, was er nach seiner Angelobung am 20. Jänner wissen muss. Auch Verteidigungsminister Ash Carter informiert Trump als den künftigen "Commander in Chief" über alles, was wichtig ist. In die wichtigsten außen- und sicherheitspolitischen
Geheimnisse
ist der Republikaner bereits eingeweiht. Diesen Job haben Mitarbeiter des Nationalen Geheimdienstdirektoriums schon vor knapp drei Monaten erledigt.

Obama und Trump haben versichert, alles für eine friedliche Übergabe der Macht in den USA zu tun. Trump: "Ich freue mich auf die Zusammenarbeit, das schließt auch seinen Rat ein", sagte Trump an Obamas Adresse.

Obamas Niederlage

So freundlich war der Umgangston zwischen den beiden nicht immer. "Demokratie ist manchmal hart und herausfordernd", sagte Obama in seiner ersten Rede nach dem Wahlsieg Trumps. Aber das sei das Wesen der Politik. "Wir lecken unsere Wunden und gehen zurück in die Arena."

Nach einer Wahl versammelt man sich in den USA traditionell hinter dem neuen Chef und äußert sich versöhnlich. "Die Präsidentschaft ist größer als wir", sagte Obama, ganz in dieser Tradition.

Der Präsident musste aber wohl auch viel Selbstbeherrschung üben, um sich den Frust nicht anmerken zu lassen. Der Sieg Trumps ist nicht nur eine Niederlage für Hillary Clinton, sondern insbesondere auch eine für ihn selbst.

Sein politisches Vermächtnis dürfte nun scheibchenweise entsorgt werden. Mit dem Sieg, den Trump den Republikanern auf allen Linien beschert hat, wäre es ein Leichtes, die Gesundheitsreform "Obamacare" wieder außer Kraft zu setzen. Trump hatte dies im Wahlkampf schon angekündigt.

Die Wahlnacht brachte für Obama aber auch eine persönliche Niederlage. Für Hillary Clintons Wahlkampagne hat sich Obama mit seinem vollen Gewicht gegen Trump ins Zeug gelegt, ihn als "nicht geeignet" für die Präsidentschaft bezeichnet. Nur einen Tag vor der Wahl spottete er noch: "Sie hatten so wenig Vertrauen in seine Selbstbeherrschung, dass sie gesagt haben: Wir nehmen dir jetzt einfach Twitter weg." Er bezog sich damit auf Berichte, wonach Trump ein Twitterverbot bekommen habe. "Wenn jemand nicht mit einem Twitter-Konto umgehen kann, kann er auch nicht mit den Atomcodes umgehen", fügte Obama vor seinem lachenden Publikum hinzu.

Dass Obama nun das Lachen vergangen sein dürfte, wird Donald Trump wohl als spezielle Genugtuung verbuchen. Aber um dies nachvollziehen zu können, muss man fünf Jahre zurückblicken.

Trump hatte sich im Lauf seiner Karriere immer wieder für einen Einstieg in die Politik ins Spiel gebracht. 2011 sah es aber erstmals danach aus, als ob der Immobilienmogul und Reality-TV-Star tatsächlich ins Rennen um das Weiße Haus einsteigt. Um in die Polit-Arena zu gelangen, nützte Trump eine ziemlich unappetitliche Diskussion um Obamas Geburtsort. Die Gerüchte, wonach Obama möglicherweise kein "natural born citizen" sei, waren bereits während der demokratischen Vorwahlen bei Obamas erster Kandidatur im Jahr 2008 entstanden.

Nur ein "natural born citizen" kann laut Verfassung US-Präsident werden, und Barack Obama erfülle diese Bedingung nicht, behauptete die sogenannte "Birther"-Bewegung. Richtig ausjudiziert wurde die entsprechende Regelung in der Verfassung übrigens noch nie. Man geht aber davon aus, dass es ohnehin ausreicht, wenn ein Elternteil US-Staatsbürger ist.

Donald Trump stellte sich im Frühling 2011 an die Spitze dieser erzkonservativen Kräfte, bezweifelte Obamas Geburt auf Hawaii und damit in den USA. Außerdem stellen die "Birther" in Frage, dass der Präsident ein Christ ist.

Trump tingelte von Interview zu Interview in allen maßgeblichen Sendern und attackierte Obama scharf. Die Debatte nahm dermaßen große Ausmaße an, dass sich Obama, der sich damals um seine Wiederwahl bewarb, dazu genötigt sah, erstmals seine vollständige Geburtsurkunde zu veröffentlichen. Am selben Tag trat auch Donald Trump vor die Medien, seine Ansprache in New Hampshire, bei der auch die Bekanntgabe seiner Kandidatur erwartet worden war, wurde landesweit übertragen.

Trump rühmte sich, für die Veröffentlichung des Dokuments gesorgt zu haben, wollte die Pressekonferenz aber auch dazu nützen um seine politischen Forderungen zu verbreiten. Erstmals tauchte da jene Programmatik auf, die später zu seinem erfolgreichen Slogan für die US-Wahl 2016 abgewandelt werden sollte: "Ich würde dieses Land wieder reich machen, ich würde es wieder mächtig machen und vor allem: wieder respektiert!"

Barack Obama aber stach Trump die Medienöffentlichkeit ziemlich unsanft ab. Zeitgleich trat er im Weißen Haus vor die Presse, CNN schaltete sofort nach Washington. Dort sagte Obama über die Geburtsortdiskussion: "Normalerweise würde ich zu so etwas keinen Kommentar abgegeben", aber die USA müssten "enorme Herausforderungen" überwinden. "Dazu werden wir nicht in der Lage sein, wenn wir abgelenkt sind", sagte der Präsident.

Obama machte sich über Trump lustig

Aber Trump gab nicht auf, bezweifelte weiterhin die Echtheit des Dokuments, gab Interviews auf CNN und kritisierte die Medien als obamafreundlich.

Wenige Tage später setzte Obama dann aber in eindrucksvoller Manier einen vorläufigen Schlusspunkt unter die Debatte: Beim alljährlichen Korrespondentendinner im Weißen Haus nahm er, nach einem Witz über sein offizielles Geburtsvideo aus "König der Löwen", den anwesenden Donald Trump ausführlich auf die Schaufel. Unter dem Gelächter hunderter geladener Journalisten und Prominenten in einem Washingtoner Hotel sagte Obama ironisch: Keiner freue sich wohl mehr über die Beilegung der Geburtssache als "The Donald". Jetzt könne er sich den wirklich wichtigen Fragen zuwenden, etwa: "War die Mondlandung nur ein Fake?"

Aber damit nicht genug, in seinem "Roast" machte sich Obama noch genüsslich über Trumps Reality-Show "The Apprentice" lustig. Die "wichtigen Entscheidungen", die Trump dort zu treffen habe, würden den US-Präsidenten, wäre er an dessen Stelle, auch schlecht schlafen lassen. Abschließend erlaubte sich Obama sogar einen Scherz über Trumps politische Ambitionen. Dieser würde als Präsident tatsächlich einen "Change" ins Weiße Haus bringen. Obama ließ eine Fotomontage einblenden, in der ein Casino im Trump-Stil mit der Aufschrift "The White House" zu sehen ist.

Dass dem Alphatier Trump dieses minutenlange Grillen vor versammeltem Medien- und Polit-Establishment ziemlich unangenehm war, lassen die TV-Bilder erahnen. Der Immobilienmogul saß mit versteinerter Miene neben seiner Frau Melania und lachte säuerlich.

Zwei Wochen später gab der Milliardär bekannt, dass er nicht zur Präsidentenwahl 2012 antreten werde. Kein großer Medientermin war das, lediglich eine schriftliche Erklärung, in der es hieß, er sei als leidenschaftlicher Geschäftsmann noch nicht bereit, die Welt der Wirtschaft zu verlassen, um Politiker zu werden. Dabei lag Trump in Umfragen bereits in den Top 3 unter den Kandidaten für die Vorwahlen der Republikaner.

Biograf: Trump wollte sich rächen

Trump-Biograf Michael d'Antonio ist sich ziemlich sicher, dass Donald Trump damals dennoch beschlossen hat, sich eines Tages für diese Demütigung zu rächen. "Man konnte sehen, dass Donald darunter litt", sagte er in einem CNN-Interview kurz vor der Wahl. "Er wurde lächerlich gemacht und so etwas nimmt er nicht auf die leichte Schulter." Es gebe nichts, das Trump mehr auskosten würde, als wenn Obama ihm die Schlüssel zum Oval Office übergeben müsste.

Kommenden Jänner wird genau das eintreten.

Trump machte seinen Wahlkampf gegen Hillary Clinton auch zur Abrechnung mit der Obama-Ära. Er kritisierte die Leistungen ihres demokratischen Parteikollegen, allen voran "Obamacare", scharf. Er lud Obamas kenianischen Bruder Malik als seinen persönlichen Gast zu einer TV-Debatte gegen Clinton ein. Die "Birther"-Diskussion machte er noch einmal indirekt zum Thema: Mit dem Vorwurf an Clinton, die Debatte darüber im Jahr 2008 selbst lanciert zu haben - eine Behauptung, die bereits von zahlreichen Medien widerlegt wurde.

Schlusspunkt

Im September setzte Trump einen Schlusspunkt hinter der Debatte. "Präsident Obama wurde in den Vereinigten Staaten geboren, Punkt", sagte er. Dass er dieses Gefecht aufgeben musste, wird Trump wohl nicht mehr wurmen. Denn seinen persönlichen Feldzug gegen das System Obama hat er nun gewonnen.

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