Wieso dauert es diesmal so lange?
Der Hauptgrund ist die Coronavirus-Pandemie, die viele US-Amerikaner nicht direkt zu den Urnen gehen, sondern per Brief oder vorab wählen ließ. 68 Prozent aller Wähler nahmen diese Option diesmal in Anspruch (2016 waren es 34 Prozent).
Das Zählen dieser Stimmen dauert deutlich länger, weil Unterschriften vom Wählenden und von Zeugen überprüft werden müssen, weil die Stimmzettel von Falten befreit werden müssen, bevor sie in die Zählmaschinen kommen.
Dazu kommt, dass gewisse Staaten – oftmals republikanisch regierte – per Gesetz verhinderten, dass eine Auszählung vor dem Wahltag stattfinden kann. Das erklärt, warum manche Staaten schon am Wahltag mit der Auszählung fertig waren, andere nicht: In Florida durfte die Auszählung der Briefwahl schon 22 Tage vor der eigentlichen Wahl beginnen, dort gab es darum schon sehr früh Ergebnisse. In anderen, darunter eben die jetzt noch nicht entschiedenen Staaten, durften die Wahlhelfer die Briefwahlstimmen erst am 3.November öffnen – und das zieht sich bis jetzt.
Das kann aber noch nicht alles sein, oder?
Nein, natürlich nicht. Zum einen brauchen die meist freiwilligen Wahlhelfer Pausen (in Georgia etwa wurde die Auszählung in der Wahlnacht ausgesetzt), dazu kamen banale Pannen wie Wasserrohrbrüche oder fehlende Tinte bei den Zählmaschinen.
Zum anderen nehmen einige Staaten auch Briefwahlstimmen an, die nach dem 3. November ankommen – solange sie den Poststempel vom Wahltag tragen. Pennsylvania etwa, wo sich Biden und Trump ein Kopf-an-Kopf-Rennen um 20 Wahlleute liefern, will alle Stimmen, die bis zum heutigen Freitag einlangen, noch auswerten; Stimmen von Auslandsamerikanern sogar noch bis kommenden Dienstag.
Ähnlich in Nevada: Dort sind Stimmen mit dem Poststempel spätestens 3. November auch dann noch gültig, wenn sie am kommende Dienstag eingehen. Die Auszählung dort wird wohl erst am kommenden Donnerstag beendet sein.
Und bis dahin wird kein Sieger ausgerufen?
Nein. Wenn sich einer der Kandidaten im Rennen entscheidend absetzt, wird ein Sieger ausgerufen. Ähnlich wie bei uns warten die Parteien man nicht auf das endgültige Ergebnis, sondern verlassen sich auf die großen Medien, die alle ihre eigenen Demoskopen und Statistiker beschäftigen, um einen Sieg in einem Staat auch verlässlich zu bestätigen.
Diesmal ist das angesichts der sehr knappen Rennen in manchen Bundesstaaten aber durchaus kompliziert: Arizona etwa wurde vom Trump-freundlichen Sender Fox bereits Biden zugeschlagen, während CNN und die New York Times – beide liberal – den Bundesstaat noch keinem Kandidaten zuschreibe. Für sie ist der Stimmenunterschied zu gering.
Georgia, wo Joe Biden seit Kurzem in Führung liegt, ist für die News-Outlets darum noch schwieriger zu entscheiden. Der ehemalige Vizepräsident führt derzeit mit nicht einmal 1000 Stimmen – definitiv zu wenig, um den Staat blau (also demokratisch) zu färben.
Bis wann wird es dann wirklich dauern?
Das ist eine Frage, die nicht mal die gewieften Moderatoren der großen Sender beantworten wollen. Zum einen liegt das daran, dass die Republikaner viele Ergebnisse anfechten wollen – bisher wurden schon 300 Klagen eingereicht, eine Vielzahl davon abgelehnt -, weshalb das fixe Endergebnis sich tatsächlich noch ziehen kann.
Aber: Es scheint durchaus möglich, dass es am Freitag oder in der Nacht auf Samstag einen (vorläufigen) Gewinner geben wird. In Georgia wird wohl fertig ausgezählt sein, und auch in Pennsylvania sieht es so aus, als könnte in den kommenden Stunden ein „Call“ der Sender möglich sein – also die Kür eines Siegers.
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