Ein Freund Netanjahus: Was der Sieg Trumps für Israel und Gaza bedeutet

Ein Freund Netanjahus: Was der Sieg Trumps für Israel und Gaza bedeutet
Der künftige US-Präsident und der israelische Premier gelten als Brüder im Geiste. Trotzdem könnten Israel Überraschungen drohen.

Einer der Ersten, der Donald Trump zu seiner Wiederwahl gratulierten, war Israels Premier Benjamin Netanjahu. Brüder im Geiste, die auf ihrem Weg zur autokratischen Demokratie den Personenkult um sich genießen, die Freundschaft zu Milliardären schätzen. Oppositionäre hingegen sind "linke Looser". Dabei war auch für Israels Rechte schon die erste Amtszeit Trumps nicht frei von Komplikationen. Trump ist unberechenbar und immer für eine Überraschung gut. Oder schlecht.

Mit deutlicher Mehrheit befürworten die Israelis Trump. "Mach Israel groß", fordern riesige Plakatwände in Tel Aviv. Doch Trumps Wahlversprechen lautete "MAGA", Amerika wieder groß machen, nicht Großisrael, das Ziel der Siedlerlobby. Die setzte sich mit allen Kräften für Trump ein, mobilisierte per Zoom und WhatsApp jüdische Wähler in den USA.

Ein Freund Netanjahus: Was der Sieg Trumps für Israel und Gaza bedeutet

Plakatwand in Jerusalem.

Jüdische Rechte warben für Trump

Nicht ohne Erfolg: Seit Jahrzehnten stehen jüdische Wähler zu den Demokraten. Diesmal liefen sie in Scharen aus Sorge um Israels Zukunft und vor dem wachsenden linksradikalen Antisemitismus in den USA zu den Republikanern über. Die antisemitischen Untertöne weißer Rassisten im Trumpschen Umfeld überhörten sie dabei.  

Das Ergebnis überraschte alle: Trump konnte letztlich jüdische und auch muslimische Wähler auf seine Seite ziehen. Letztere waren von Präsident Joe Bidens klarer Parteinahme für Israel enttäuscht. 

Die Erwartungen der israelischen Rechten beruhen auf den Erfahrungswerten der ersten Amtszeit: Trump erklärte Israels Siedlungspolitik als konform mit dem Völkerrecht (was die Biden-Regierung im Februar zurücknahm). Trump widersetzte sich keinen Plänen, den Ausbau von Siedlungen zu verdoppeln. Trump erkannte Israels Annexion der Golanhöhen an. Trump verlegte die US-Botschaft nach Jerusalem.

Ungeliebtes Abraham-Abkommen

Nicht im Sinne der radikalen Siedler war 2020 die Unterzeichnung der Abraham-Abkommen. Damit machte Trump den Weg frei für eine Annäherung Israels an mehrere arabische Staaten, letztlich zu einer militärischen Zusammenarbeit gegen die iranische Bedrohung am Golf. Im letzten Kriegsjahr bewies sie sich mehrfach bei der Abwehr iranischer Raketenangriffe. Architekt dieser Abkommen war Jared Kushner, Trumps jüdischer Schwiegersohn und Chefberater in der ersten Amtszeit.

Diesmal an der Seite Trumps: Vize JD Vance. Er sieht die US-Außenpolitik vor allem als Ausgabe von Steuergeldern, die es einzusparen gilt, vor allem durch Beschneidung der US-Auslandshilfe. Soll heißen: Nicht mehr, sondern weniger Krieg, egal gegen wen. "Unser Interesse besteht ganz klar darin, einen Krieg mit Iran zu vermeiden", so Vance im Wahlkampf.

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Pro-palästinensische Demonstranten vor einem Treffen zwischen Netanjahu und Trump in Mar-a-Lago in Florida am 26. Juli 2024.

Unklare Zukunft für Gazastreifen

Im Gegensatz zur militärischen Umsetzung der Abraham-Abkommen ignorierte Netanjahu bislang die politische, sieht das Abkommen doch auch einen palästinensischen entmilitarisierten, aber unabhängigen Staat vor. Unannehmbar für die Siedler-Veteranin Daniela Weiss: "Das bereitet mir immer noch große Sorgen und ich kämpfe dagegen an." Sie kämpft derzeit auch für neue israelische Siedlungen. Aus dem gerade eroberten Gazastreifen will sie die Palästinenser verdrängen und Platz für israelische Siedler zu schaffen. Trump, so hofft sie, wird das nicht verhindern.

Pläne, die auch in Netanjahus Kabinett Befürworter haben. Das will dem Flüchtlingshilfswerk UNRWA die Arbeit unmöglich machen. Während Biden auf den Zugang zu humanitärer Hilfe im Gazastreifen gepocht hatte, kappte Trump schon 2018 die finanzielle US-Hilfe an UNRWA.

Weshalb sich auch große Teile der Palästinenser fürchten. So sehen die Sprecher der Palästinensischen Autonomiebehörde die politische Zukunft schwarz. In den Netzwerken aber schimmert auch so etwas wie Hoffnung durch: "Trump hat gesagt, er will den Krieg beenden. Dafür braucht es einen starken Mann."

Wie viel Einfluss bleibt jetzt Noch-Präsident Joe Biden? Abgewählte Präsidenten gelten in ihren letzten zwei Monaten eher als "lahme Enten". Doch sind auch sie keineswegs machtlos und können Druck machen. Erst recht in Fragen, in deren Beantwortung sie sich mit ihrem Nachfolger einig sind. Trump wie Biden wollen die Kriege im Gazastreifen wie im Libanon "möglichst bald" hinter sich bringen. Wobei Trump sogar auf den Tag genau eine Frist vorschlägt: bis zum 20. Januar 2025, dem Tag seiner Amtseinführung.

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