Trump nennt Europa "schwach" – Plassnik: "Wir können nicht weiterträumen"

PK "PROGRAMMVORSCHAU ZUR EXPO 2025 IN OSAKA": PLASSNIK
Ursula Plassnik, ehemalige Außenministerin (ÖVP), sprach in der ZIB 2 zur "Eiszeit USA – Europa" und plädiert für eine stärkere europäische Eigenständigkeit.

US-Präsident Donald Trump legte bei seiner massiven Europa-Kritik nach. In Hinblick auf Europas politisches Führungspersonal sagte er in einem am Dienstag veröffentlichten Politico-Interview: "Ich halte sie für schwach." Sie wollten politisch korrekt sein, wüssten aber nicht, was sie tun sollten. "Europa weiß nicht, was es tun soll."

Und auch bei der Ukraine-Strategie gibt es Differenzen: Trump warf den Europäern vor, hinsichtlich des russischen Kriegs in der Ukraine "zu viel zu reden, aber sie liefern nicht. Und der Krieg geht immer weiter und weiter." 

Ursula Plassnik, ehemalige Außenministerin (ÖVP), bezeichnet das in Washington erstellte Strategiepapier als "Selbstdarstellung" Trumps - fordert aber mehr europäische Handlungsfähigkeit in Wirtschaft und Sicherheitsfragen.

Plassnik: "Trump ist ein Zerstörer"

Die amerikanische Darstellung Europas würden aus ihrer Sicht ein "mangelndes Verständnis für die Europäische Union" zeigen. Das europäische Modell habe seit Jahrzehnten auf Frieden und Recht beruht, so Plassnik. Für US-Präsident Trump findet sie scharfe Worte: "Er ist von der Sorte der Zerstörer, also jemand, der das System, auch das amerikanische, nicht nur in Frage stellt, sondern einfach demontiert."

Die Zusammenarbeit der 27 EU-Staaten stärke die Union, so Plassnik. Eine Aufsplitterung in Einzelstaaten würde im globalen Wettbewerb und in Sicherheitsfragen "Nachteile bringen". "Die amerikanische Regierung scheint ein alternatives, weniger integriertes Europa zu bevorzugen". 

Plassnik: "Nicht das Amerika, dem wir dankbar sind"

Unter Verweis auf den US-Politologen Francis Fukuyama stellte sie die Frage, ob Donald Trump den Höhepunkt seiner Macht nicht "bereits überschritten habe" - und verwies auf Reaktionen in den USA auf dessen Vorgehensweise, auf Debatten über Trumps persönliche Bereicherung und seine sinkende Popularitätswerte in einzelnen Bundesstaaten.

"Europa muss in der Lage sein, sich selbst zu verteidigen"

Zur sicherheits- und verteidigungspolitischen Aufstellung der EU meint Plassnik jedoch, Europa müsse sich "stärker und schneller auf eigene Beine stellen". Dazu zählt sie eine Steigerung der wirtschaftlichen Wettbewerbsfähigkeit sowie eine neue sicherheitspolitische Aufstellung. "Europa muss in der Lage sein, sich selbst zu verteidigen."

Eine einheitliche EU-Armee sei auf absehbare Zeit zwar nicht notwendig; es gelte aber, die 27 nationalen Verteidigungsfähigkeiten zu prüfen, Doppelgleisigkeiten zu reduzieren und eine eigene Rüstungsindustrie aufzubauen, um Abhängigkeiten – insbesondere von amerikanischen Importen – zu verringern. "Ich glaube, dass wir hier wirklich einen echten Nachholbedarf haben. Wir müssen unser Mindset an die Realitäten anpassen. Wir können nicht einfach weiterträumen."

Mit Blick auf Österreich verwies die ehemalige ÖVP-Außenministerin auf eine deutliche Aufstockung des Verteidigungsbudgets und den Beitritt zur Luftabwehr-Initiative Sky Shield. Künftig müsse Österreich seine Interessen und "potenzielle Gefahrenlagen" analysieren und in passenden Formaten kooperieren. "Wir müssen auf den Tisch legen, was wir bereit sind zu tun, was wir auch als neutraler Staat zu leisten in der Lage sind. Ich sehe hier durchaus auch Beiträge, die über die humanitäre und finanzielle Unterstützung hinausgehen."

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