"Unter Gürtellinie": Internationale Medien über Russlands Raketenangriffe

"Unter Gürtellinie": Internationale Medien über Russlands Raketenangriffe
Kommentatoren bezeichnen die Attacken auf ukrainische Städte als Zeichen der Schwäche Russlands. Was die Lage für den Westen aber nicht weniger gefährlich mache.

Die russische Angriffswelle auf ukrainische Städte, die am Montag mindestens 14 Menschenleben gekostet hat und am Dienstag fortgesetzt wurde, sorgt weltweit für Entsetzen - auch bei Kommentatoren und Leitartikel-Autoren.

Die britische Zeitung  Financial Times sieht angesichts der gezielten Attacken auf die ukrainische Zivilbevölkerung den Westen in der Pflicht – auch wenn das große Risiken berge und den Konflikt ausweiten könnte:

„Eine Reaktion der westlichen Demokratien sollte darin bestehen, der Ukraine rasch die hochentwickelten Verteidigungssysteme zu liefern, um die sie seit langem bittet. (…) Allerdings müssen sich die westlichen Demokratien auch auf mögliche Versuche Moskaus einstellen, ihre Infrastruktur ins Visier zu nehmen. (…)

"Die Verbündeten", so schreibt die Financial Times weiter, "müssen darauf vorbereitet sein, dass einer von Putins nächsten Schritten ein Versuch sein könnte, den Krieg auszuweiten.“

"Das tragische Gesicht des Scheiterns"

Der italienische Corriere della Sera bezeichnet die Raketenangriffe als „Schlag unter die Gürtellinie“: 

"Sie zeigen das tragische Gesicht des Scheiterns der russischen ,Spezialoperation‘ in der Ukraine. Es herrscht die feige Logik derer vor, die in der direkten Konfrontation nicht gewinnen können und deshalb unter die Gürtellinie schlagen. (...)

Die Schreie der Kinder, die zusammengedrängten Menschen in den U-Bahn-Tunneln, die Trümmer auf den Straßen: Das alles geschieht nach den russischen Niederlagen zwischen Donbass und Cherson, aber vor allem als Reaktion auf die Explosion auf der Kertsch-Brücke, deren strategische Bedeutung bekannt ist, die Moskau nicht verteidigen konnte.“

"Unter Gürtellinie": Internationale Medien über Russlands Raketenangriffe

Zerstörung und Leid in ukrainischen Städten

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Vorbild Syrien?

Verantwortlich für das Vorgehen in der Ukraine ist der seit wenigen Tagen der neue Befehlshaber Sergej Surowikin, der schon in Syrien nicht vor brutalen Angriffen auf Zivilisten zurückgeschreckt ist. 

Über ihn und andere Kriegstreiber in der russischen Führung schreibt die belgische Zeitung De Standaard:

„Es handelt sich um ein bekanntes Rezept der russischen Kriegsführung, das die Handschrift des neuen Befehlshabers Sergej Surowikin erkennen lässt. Er hatte schon von Rebellen gehaltene Viertel in Syrien bombardieren lassen, angefangen bei Krankenhäusern, Schulen und Bäckereien. Fassbomben gegen Kalaschnikows, das Vorgehen war gnadenlos und wirksam."

Eine entscheidende Wende sei so allerdings nicht möglich, meint De Standaard:  

"Das Einzige, was Putin vorerst erreicht zu haben scheint, ist, dass der Blutrausch der Falken im und rings um den Kreml für eine Weile besänftigt ist. (…) Entschlossenheit sollte auch die Antwort des Westens auf die russische Eskalation sein. Deutschland hat der Ukraine die Bereitstellung von hochentwickelten Luftverteidigungssystemen zugesagt. Das sind defensive Waffensysteme, die keinen Tag zu früh kommen.“

Die US-Zeitung Washington Post widmet sich ebenfalls den Hardlinern innerhalb Russlands, die schon lange eine noch härtere Gangart in der Ukraine fordern. Auch sie sieht in Russlands derzeitigem Vorgehen vor allem Schwäche:

„Hardliner in Russland, die Putin dazu gedrängt haben, zivile Ziele und Infrastruktur anzugreifen, haben sich erfreut gezeigt über diese entsetzliche Eskalation. Doch sie täuschen sich. Russische Artillerie und russische Flugzeuge haben bereits gewaltige Zerstörung und Tod über Städte in der Ukraine gebracht und mit dieser Strategie kaum mehr erreicht, als die Ukrainer, die diesen Angriffen getrotzt haben, noch kampfbereiter zu machen."

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Russisches Kriegsschiff feuert eine Rakete auf die Ukraine

Wie die Financial Times appelliert auch die Washington Post an den Westen:

"In praktischer militärischer Hinsicht zeigt der russische Angriff, dass die Ukraine weitere und bessere Luftverteidigungssysteme benötigt, zusätzlich zu denen, die sie bereits besitzt und die sie genutzt hat, um 43 der von Moskau abgefeuerten Raketen abzuschießen. (...) Versetzt man die Ukraine in die Lage, den Schaden von Putins Luftterrorismus zu begrenzen, wird dies dazu beitragen, dass sich dieser Feldzug - wie ähnliche in der Vergangenheit - als strategische Sinnlosigkeit erweist.“

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