Schallenberg zu Israel-Beschuss der UN-Truppen: "Das muss aufhören"
Wenige Stunden nach Israels Premier Benjamin Netanjahu legte sein Energieminister am Montag nach: Die 10.000 Mann starken UN-Friedenstruppen UNIFIL im Südlibanon bezeichnete Eli Cohen als "nutzlos" und fordert ihren Abzug.
Sie würden israelische Bürger nicht vor Angriffen der Hisbollah schützen. „Der Staat Israel wird alles tun, um die Sicherheit seiner Bürger zu gewährleisten. Wenn die UN nicht helfen können, sollten sie zumindest nicht im Weg stehen und ihr Personal aus den Kampfgebieten abziehen“, forderte er.
Für Österreichs Außenminister Alexander Schallenberg steht dagegen außer Frage: Die UNIFIL werde nicht abrücken, und nein, auch die rund 120 österreichischen Soldaten und Soldatinnen der Mission "werden nicht zurückgezogen", versicherte er Montagvormittag vor dem EU-Außenministertreffen in Luxemburg. Der Beschuss der UN-Soldaten durch die israelische Armee "muss aufhören. Die Angriffe sind inakzeptabel."
Doch Tatsache ist: Die Friedenstruppen wurden zuletzt mehrmals von der israelischen Armee beschossen. Was bedeutet das? Können die Blauhelme zum Abzug gezwungen werden? Dazu die wichtigsten Fragen und Antworten:
Kann Israel, das im Libanon gegen die Hisbollah kämpft, den Abzug der UNIFIL-Truppen verlangen?
"Die UNIFIL arbeitet auf Basis eines Mandates des UNO-Sicherheitsrates, daran müssen sich alle Staaten halten", betont Außenminister Schallenberg. Ein einzelner Staat kann also nicht einfach entscheiden, dass eine UNO-Mission, noch dazu nicht einmal im eigenen Land, verändert oder beendet wird.
Was wirft Israels Premier den UN-Truppen vor?
Netanjahu wirft ihnen vor, der schiitischen Hisbollah-Miliz „ein menschliches Schutzschild“ zu bieten. Tatsächlich hat die Hisbollah ganz bewusst Stützpunkte nahe der UNIFIL-Standorte errichtet. Laut israelischen Angaben habe die Hisbollah im vergangenen Monat etwa 25 Raketen und Geschoße von Stützpunkten in der Nähe von UNIFIL-Posten abgefeuert. Dabei wurden zwei Soldaten getötet.
UNIFIL
Die „United Nations Interim Force in Lebanon“ ‚, kurz UNIFIL, ist die Beobachtermission der UNO im Libanon. Die Blauhelme sind seit 1978 dort stationiert, damit ist sie eine der ältesten UN-Missionen
Bundesheer
Seit November 2011 beteiligt sich auch das Österreichische Bundesheer an der UNIFIL-Mission
166 Österreicher
sind derzeit für die Mission im Einsatz. Insgesamt zählt die Beobachtermission, die nicht aktiv in Kämpfe eingreifen darf, rund 10.000 Soldaten. Das ehrgeizige Ziel der Mission: Wiederherstellung des internationalen Friedens und der internationalen Sicherheit
Was genau ist seit Beginn der israelischen Boden Bodenoffensive im Hinblick auf die UN-Truppen geschehen?
Am Sonntag seien "israelische Panzer gewaltsam in eine der UNIFIL-Stellungen eingedrungen“, hießt es in einem Bericht der UN-Truppen. Zudem haben israelische Streitkräfte in den vergangenen Tagen wiederholt auf die UN-Friedenstruppen geschossen. Dabei wurden mehrere Soldaten verletzt. Ein Angriff wurde der libanesischen Armee zugeschrieben.
Handelt es sich dabei um eine Verletzung des Völkerrechts?
"Die Angriffe stellen eine schwere Verletzung des Völkerrechts dar und sind völlig inakzeptabel. Diese Position haben wir gegenüber unseren israelischen Freunden wiederholt sehr deutlich gemacht", heißt es in einer Stellungnahme des Außenministeriums auf KURIER-Anfrage.
Was ist die Aufgabe der UN-Truppen im Libanon?
Die UN-Friedenstruppe im Libanon wurde 1978 gegründet, um den Abzug der israelischen Truppen zu überwachen, nachdem Israel den Südlibanon besetzt hatte. 1982 marschierte Israel erneut ein und zog sich erst im Jahr 2000 zurück. Da es keine vereinbarte Grenze gab, zog die UNO eine Grenze zwischen dem Libanon und Israel, die als „Blaue Linie“ bekannt ist und von UNIFIL überwacht und patrouilliert wird.
Nach dem einmonatigen Krieg zwischen Israel und der Hisbollah im Jahr 2006 erweiterte die UNO die Mission von UNIFIL und erlaubte die Stationierung von Friedenstruppen entlang der israelischen Grenze, um die Einstellung der Feindseligkeiten zu überwachen und eine Pufferzone entlang der Grenze zu errichten. Sie melden Verstöße gegen die UN-Resolution 1701 - wie etwa Beschuss.
Hat die UN-Mission ihren Auftrag erfüllt?
Hätte die UN-Mission ihren Auftrag in der Vergangenheit zur Gänze erfüllt, dann hätte die Hisbollah gar nicht in der Lage sein können, aus dem südlichen Libanon Hunderte Raketen auf Israel zu schießen.
Vom eigentlichen Ziel der Mission, nämlich der Wiederherstellung des internationalen Friedens und der internationalen Sicherheit, ist UNIFIL derzeit weiter entfernt denn je.
Welche Folgen hätte eine Verlegung der UN-Truppen?
Israels Forderung an die Friedenstruppen, das Grenzgebiet zu räumen und nach Norden zu ziehen, würde die Truppe faktisch an der Erfüllung ihrer Mission hindern. Der Leiter der UN-Friedenstruppen, Jean-Pierre Lacroix, erklärte dem UN-Sicherheitsrat am Donnerstag, dass UNIFIL sein Personal nicht evakuieren werde.
Wegen der Luft- und Bodenangriffe könnten jedoch keine Patrouillen durchgeführt werden. Die UNIFIL-Operationen stehen damit seit Ende September praktisch still. Auch die Versorgung der UN-Stellungen mit Treibstoff, Essen und Wasser ist erschwert. Österreichische UN-Soldaten, die schon vor Ort im Einsatz sein sollten, können derzeit nicht in den Libanon geflogen werden.
Gibt es gar keine Konsequenzen?
Doch: 300 der rund 10.000 Mann straken UN-Truppen in Frontpositionen wurden vorübergehend in größere Stützpunkte verlegt: UNIFIL wird seine Präsenz „an den am stärksten betroffenen UN-Positionen um 25 Prozent“ zu reduzieren.
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