UNHCR: "EU-Asylpolitik widerspricht Genfer Konvention"

Flüchtlinge an der griechisch-mazedonischen Grenze
Flüchtlingshilfwerk kritisiert Fehlen einer gemeinsamen EU-Asylpolitik.

Die Vertreterin des UN-Flüchtlingshilfswerks (UNHCR) in Deutschland, Katharina Lumpp, sieht im Fehlen einer gemeinsamen EU-Asylpolitik einen eklatanten Widerspruch zur Genfer Flüchtlingskonvention. Zudem sagte Lumpp der Nachrichtenagentur AFP: "Deutschland, Schweden und Österreich sollten, wie andere Aufnahmeländer von Flüchtlingen auch, nicht alleine gelassen werden".

"Die Konvention ist explizit aus der Erkenntnis entstanden, dass die Fluchtbewegungen nach dem Zweiten Weltkrieg für einzelne Staaten nicht zu bewältigen sind und internationale Zusammenarbeit zur Lösung von Flüchtlingsproblemen notwendig ist", so Lumpp, die seit Dezember 2015 Repräsentantin des UNHCR in Berlin ist. "Flüchtlingsschutz innerhalb der Europäischen Union sollte vielmehr als gesamteuropäische Aufgabe verstanden und umgesetzt werden."

Humanitäre Führungsrolle Deutschlands

Deutschland habe im Flüchtlingsschutz in Europa eine "humanitäre Führungsrolle" gezeigt, sagte Lumpp. Das Fehlen eines funktionierenden gesamteuropäischen Mechanismus zur Flüchtlingsverteilung hält die 49-Jährige für ein schwerwiegendes Versäumnis Europas. Der Ruf nach einem europäischen Ansatz sei "die logische Konsequenz dessen, wozu sich die EU-Mitgliedstaaten im EU-Asylharmonisierungsprozess geeinigt haben", sagte Lumpp, die zuletzt im Auftrag der UNO Flüchtlinge in Jordanien und davor bereits in Afghanistan, im Kosovo und in der Demokratischen Republik Kongo betreute.

Die UNHCR-Vertreterin machte deutlich, dass nicht alle nach Europa kommenden Asylbewerber auf einen Status als Flüchtling hoffen können. "Die Motivation, außerhalb seiner Heimat eine bessere wirtschaftliche Zukunft zu suchen, ist keineswegs verwerflich, hierfür kann aber nicht der Flüchtlingsschutz in Anspruch genommen werden", sagte sie.

Familiennachzug

Die Integration von Geflüchteten in Europa nennt Lumpp eine Herausforderung, zu deren Bewältigung es einen "langen Atem" brauche. Der in der Großen Koalition umstrittene Familiennachzug sei "ein wichtiges Element" der Integration. "Wer wird sich heimisch fühlen können, wenn die Sorge der Frau und den Kindern gilt, die in einem Konfliktgebiet festsitzen", sagte sie.

Lumpp rechnet damit, dass viele der derzeit nach Europa kommenden Flüchtlinge wieder in ihre Herkunftsstaaten zurückkehren wollen. "Über die letzten Jahrzehnte hinweg sind viele Millionen Flüchtlinge in ihre Heimat zurückgekehrt", sagte sie. "Voraussetzung war jeweils die Beendigung eines Konfliktes und die Chance eines Neustarts im Herkunftsland." Die meisten Flüchtlinge hofften auf eine baldige Rückkehr, "selbst wenn die Bedingungen schwierig sind".

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