Ungarn verbietet Geld aus dem Ausland für Wahlkampagnen

HUNGARY-UKRAINE-EU-POLITICS-MIGRATION-CONFLICT
Durch das Gesetz zum "Schutz der Souveränität" des Landes sollen die Möglichkeiten politischer Gegner eingeschränkt werden, während die ungarische Regierung selbst mit Plakaten gegen die EU wettert.

Ungarns Regierung möchte mit einem am Dienstag vorgelegten Gesetzentwurf die ausländische Finanzierung von Wahlkampagnen unter Strafe stellen und eine neue Behörde zur Kontrolle von Nichtregierungsorganisationen einrichten. Das "Gesetz zum Schutz der Souveränität" des Landes "schiebt jeglichem Wahlbetrug einen Riegel vor und sieht Strafen von bis zu drei Jahren Gefängnis für jeden vor, der im Wahlkampf Gelder aus dem Ausland einsetzt", erklärte Mate Kocsis auf Facebook.

Sie ist Fraktionsvorsitzende der regierenden Fidesz-Partei. Kritiker sehen in dem Gesetz den jüngsten Vorstoß der rechtsgerichteten Regierung von Ministerpräsident Viktor Orbán, um politische Konkurrenten im Vorfeld der Wahl zum Europäischen Parlament und der Kommunalwahlen im nächsten Jahr zu schwächen.

Nach der Parlamentswahl 2022 hatte die ungarische Regierung mehrere Geheimdienstberichte veröffentlicht, wonach das Oppositionsbündnis für seinen Wahlkampf mehr als drei Milliarden Forint (rund acht Millionen Euro) von einer in den USA ansässigen Nichtregierungsorganisation angenommen haben soll.

Orbán sagte zudem in einem Interview mit dem früheren Fox-News-Moderator Tucker Carlson im August, dass US-Steuergelder zur Finanzierung einer Kampagne gegen ihn verwendet worden seien. Die Opposition bestritt sämtliche Vorwürfe und erklärte, die Gelder stammten von im Ausland lebenden ungarischen Staatsbürgern.

Das vorgeschlagene Gesetzespaket würde eine Verfassungsänderung sowie eine Änderung des Strafrechts erfordern. Der 22-seitige Text ist auf der Internetseite des ungarischen Parlaments abrufbar.

FILE PHOTO: Hungarian Prime Minister Viktor Orban delivers a speech during the Fidesz party congress in Budapest

Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán.

Kampagne gegen EU und Soros

Gleichzeitig macht die ungarische Regierung selbst Stimmung mit einer Plakatkampagne – und zwar gegen die EU. Dabei wird eine Verbindung zwischen den Stiftungen des jüdischen Holocaust-Überlebenden, in Ungarn geborenem Großinvestors George Soros und der Brüsseler Politik unterstellt. Auf den Plakaten sind Porträts von Soros' Sohn Alexander und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen und dazu der Spruch "Lasst uns nicht nach ihrer Pfeife tanzen" zu sehen.

Ähnlich hatte Orbans Regierung 2019 auch das Bild des früheren EU-Kommissionspräsidenten Jean-Claude Juncker benutzt damals mit George Soros. Die Plakate hatte Ungarns Regierung nach Kritik seitens der Europäischen Volkspartei (EVP) entfernt, der Orbáns Partei Fidesz damals noch angehörte. 2021 verließ Fidesz die EVP.

Ein Sprecher der EU-Kommission sagte, von der Leyen habe nicht einmal mit der Wimper gezuckt, als ihr Fotos von der Kampagne gezeigt worden seien. Sie sei absolut unbeeindruckt gewesen. Man wisse, dass dies nicht die erste Kampagne dieser Art sei und dass es vermutlich auch nicht die letzte sein werde. Nach seinem Wissen gebe es keine geschäftliche Beziehung zu Soros, sagte der Sprecher. Zudem betonte er, man habe keinerlei Toleranz gegenüber Antisemitismus.

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Regierungsfreundliche Medien in Ungarn hatten zuvor unterstellt, Alexander Soros habe die internationale Kritik an Ungarns "Kinderschutzgesetz" gesteuert. Beanstandet wurde an diesem Gesetz, dass es unter anderem vorsieht, dass Kinder nicht über Homosexualität aufgeklärt werden dürfen und dass sie von öffentlich zugänglichen Publikationen zu diesem Thema ferngehalten werden müssen.

Fragebogen zur EU verschickt

Kürzlich hatte die Regierung in Budapest zudem eine Fragebogen-Aktion zur EU-Politik gestartet. Es ist nicht die erste "nationale Konsultation" dieser Art. Kritiker werfen der Befragung vor, Suggestivfragen zu stellen, die kaum eine Wahl ließen bei der Beantwortung. So lautet eine der elf Fragen: "Brüssel will in Ungarn Ghettos für Migranten errichten. Was halten Sie davon?"

Ungarn verbietet Geld aus dem Ausland für Wahlkampagnen

Die Regierung hat eine Fragebogen-Aktion zur EU-Politik gestartet. Es ist nicht die erste "nationale Konsultation" dieser Art.

Neben der Migrationspolitik geht es in der neuen Konsultation auch um den Krieg im Nachbarland Ukraine, zu der Ungarn ein angespanntes Verhältnis hat. Dabei wird unter anderem als EU-Linie erklärt: "Brüssel will der Ukraine mehr Waffen und Geld geben" oder "Brüssel will, dass die Ukraine der Europäischen Union beitritt".

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Bei der letzten Befragung dieser Art im Jahr 2022 ging es um EU-Sanktionen gegen Russland. Die Befragung ist rechtlich nicht bindend. Regierungschef Orbán äußerte jedoch vergangene Woche, dass seine Regierung ihre Politik durch den Fragebogen bestätigt sehen könnte. Darauf basierend könne sie ihre Konflikte mit Brüssel zum Bereich Migration weiterhin "durchhalten". Hinsichtlich der Migration erklärte Orban beim EU-Gipfel Ende Oktober in Brüssel: "Wir wollen weder Geld für Migranten noch für die Ukraine ausgeben."

Von der Leyens Sprecher sagte, man lade alle Ungarinnen und Ungarn ein, sich über die EU und deren Politik zu informieren. Man glaube an die Intelligenz der ungarischen Öffentlichkeit und sei überzeugt, dass diese die Aussagen richtig einordnen könne.

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