Und der Sieger der US-Wahl ist...?

Und der Sieger der US-Wahl ist...?
Umfragen sehen Mitt Romney vor Barack Obama. Die Entscheidung fällen jene sechs Prozent in den Swing States, die unentschlossen sind.

Unter den 15.000 Zuschauern auf dem Gelände der Ohio State University in Columbus wollte keine rechte Stimmung aufkommen. "Four more, four more years", röhrte Hip-Hopper will.i.am ins Mikrofon, doch die Menge sang bei der Aufwärmrunde für den Wahlkampfauftritt von Präsident Barack Obama nur halbherzig mit.

Die Mehrheit der Studenten, die sich vergangenen Mittwoch auf dem Unigelände eingefunden hatten, mussten nicht erst mit Musik und Slogans zugedröhnt werden, um mit Obama zu sympathisieren. Unter Amerikas Jugend führt er die Umfragen eindeutig an, sein republikanischer Kontrahent Mitt Romney liegt bei den 25-Jährigen abgeschlagen zurück.

Und doch brachte Obama den Funken vor seinen Fans nicht zum Zünden. Als hadere er noch mit seinem verunglückten TV-Duell gegen Mitt Romney, verhaspelte sich der Präsident auch dieses Mal bei seiner Rede, suchte mehrmals nach Worten und hinterließ den Eindruck, als sei er müde. Zu müde, um im Wahlkampffinish das Ruder noch einmal herumzureißen.

Zittern um den Sieg

Und der Sieger der US-Wahl ist...?

Seit seiner Niederlage in der ersten Direktkonfrontation scheint Obamas Kampagne schwer gelitten zu haben. In den landesweiten Umfragen zog sein republikanischer Kontrahent erstmals an ihm vorbei. Der Präsident, der seine Wiederwahl fast schon in der Tasche gehabt zu haben schien, muss nun wieder um den Sieg zittern. Was Obamas Wahlkampfteam besonders schmerzt: Sogar in den sogenannten Swing States (Bundesstaaten, die weder klar republikanisch noch klar demokratisch wählen) beginnen die Umfragen zu drehen. Selbst im wichtigsten Swing State Florida, wo ein US-Präsident für einen landesweiten Sieg unbedingt gewinnen muss, liegt Romney seit einigen Tagen um einige Prozentpunkte vor Obama.

Doch sogar in den Umfrage-verliebten USA wird die Aussagekraft der täglich neu erhobenen Zahlen in Zweifel gezogen. Die Unterschiede zwischen den Kandidaten bewegen sich oft innerhalb der statistischen Schwankungsbreite und taugen nicht für eine sichere Prognose. "Den meisten Leuten sind Umfragen sowieso egal", glaubt US-Karikaturist Chan Lowe. "Die überwiegende Mehrheit der Amerikaner sind an Politik überhaupt nicht interessiert, sie sind mit ganz anderen Dingen wie Überleben in der Wirtschaftskrise beschäftigt", sagt er zum KURIER. Sie träfen ihre Wahl für Obama oder Romney oder auch dafür, gar nicht wählen zu gehen, ganz unabhängig von TV-Debatten, Umfragen und Wahlkampagnen.

Entschieden werde die Wahl deshalb, so Lowe, von jenen "fünf bis sechs Prozent der noch unentschlossenen Amerikaner in den acht Swing States. Auf sie konzentriert sich der Wahlkampf." Nach dem Prinzip des "Winner takes it all" entscheiden also möglicherweise wenige Stimmen darüber, ob ein ganzer Bundesstaat dem einen Kandidaten viele und dem anderen gar keine Wahlmännerstimmen bringt. Mindestens 270 Wahlmänner muss ein US-Präsident für einen Sieg für sich verbuchen – alle Umfragen, die die Zahl der Wahlmänner berücksichtigen, gehen derzeit von einem Sieg Obamas aus.

Der Gewinner steht fest

Für den renommierten US-Historiker Allan Lichtman, der seit fast 20 Jahren alle Präsidentenwahlen richtig prognostiziert hat, ist die Sache längst gelaufen – für Obama. "Ich sehe nicht, wie Obama verlieren könnte", legte er klare Parameter vor, laut denen der Präsident auch die nächsten vier Jahre im Weißen Haus verbringen werde. Demnach legte Obama eine skandalfreie erste Amtszeit hin, brachte die Gesundheitsreform auf den Weg, erzielte mit der Tötung Osama bin Ladens einen außenpolitischen Erfolg und bewahrte das Land zumindest während der Wahlperiode vor einer Rezession. Was zähle, so Lichtman, sei "regieren, nicht kampagnisieren".

Letzte Umfragen: Vorteil Romney

Und der Sieger der US-Wahl ist...?

Romney Von neun landesweiten Umfragen ergaben fünf eine Führung von maximal einem Prozentpunkt für Romney. Eine Umfrage ermittelte einen Vier-Punkte-Vorsprung.

Obama Zwei Umfragen sahen Obama vorne, jeweils um einen Prozentpunkt. Eine Umfrage ergab ein Unentschieden.

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