Ukrainer trainieren Guerillakrieg: „Wir sind der nationale Widerstand“

Schon 2014 im Einsatz, das rechtsradikale Asow-Regiment  
In der Ukraine bereiten sich immer mehr Freiwillige auf einen Guerillakrieg nach einem Einmarsch der russischen Armee vor

Sie sind Lehrer, Kellner, oder Software-Entwickler – und am Wochenende schlüpfen sie in die Tarnkleidung und verschwinden in den Wäldern rund um die Hauptstadt Kiew.

Tausende Ukrainer verbringen in diesen Tagen ihre Freizeit mit der Waffe in der Hand, oder zumindest beim Hantieren mit Minen, die Panzer stoppen sollen – russische Panzer. Allesamt sind sie Mitglieder von Freiwilligenverbänden, die sich auf einen Guerillakrieg zur Verteidigung ihrer Heimat vorbereiten, nach dem Einmarsch der russischen Streitkräfte. „Wenn uns die Russen besetzen, sind wir der nationale Widerstand“, erzählt eine Ärztin aus Kiew, die sich für eines dieser Trainings angemeldet hat, einem Reporter der New York Times.

Gesetz für Widerstand

Dieser Guerillakrieg ist inzwischen offizieller Teil der Strategie der ukrainischen Armee. Seit Jahresbeginn ist das sogenannte „Gesetz über die Organisation des nationalen Widerstands in Kraft.“ Dieser erlaubt den Einsatz privater Schusswaffen im Fall eines russischen Angriffs und macht auch das Üben mit diesen Waffen legal.

Eine Waffe haben viele

Private Waffen gibt es genügend im Land. Etwa 1,3 von 40 Millionen Ukrainern besitzen eine Waffe. Umfragen zeigen jedoch eine weit höhere Kampfbereitschaft. 24 Prozent der Ukrainer und sogar 39 Prozent der männlichen Bevölkerung meinen, dass sie bereit wären, gegen die russischen Invasoren zu kämpfen.

Kampferfahrung

Viele dieser Männer haben bereits Fronterfahrung als Amateurkrieger gemacht. Als 2014 der Krieg im Osten der Ukraine ausbrach, wurde die damals ziemlich desolate ukrainische Armee völlig überrumpelt, auch weil auf der Seite der Separatisten russische Spezialkräfte im Einsatz waren.

Rechtsradikale

Die Gegenwehr übernahmen damals rasch formierte Verbände von Freiwilligen. Einige dieser Verbände waren allerdings politisch äußerst bedenklich. Das Asow-Regiment etwa, das ziemlich ungeniert auf Nazi-Symbolik setzt und auch ideologisch am rechten Rand steht. Auch deutsche und sogar österreichische Rechtsradikale tauchten damals in diesen Verbänden an der Front auf.

"Ukrainische Legion"

Es dauerte Monate, bis die Armee die rechten Guerillakrieger unter Kontrolle brachte. Diesmal unterstehen alle Freiwilligen grundsätzlich der Armee, oder dem Innenministerium.

Das gilt auch für die selbst ernannte „ukrainische Legion“, ein Verband von etwa 3.000 Milizionären, die seit Monaten Zivilisten zu Amateurkriegern ausbilden. Sie alle sollen nach der Ausbildung Mitglieder der territorialen Verteidigungskräfte werden: Einheiten aus zumindest notdürftig ausgebildeten Reservisten, die von der Armee im Ernstfall an die Front geschafft werden. Derzeit sollen etwa 10.000 von ihnen bereits einsatzbereit sein.

Klitschko kampfbereit

Eines der prominentesten Mitglieder dieser Einheiten ist der Bürgermeister von Kiew, Vitali Klitschko. Der will seine Hauptstadt mithilfe dieser Reservisten-Einheiten gegen die Russen verteidigen. Der Ex-Boxer ist bereit, auch selbst in den Krieg zu ziehen, so wie er es einst als Soldat geschworen habe. Er will im Ernstfall einen Granatwerfer bedienen. Konrad Kramar

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