Ukrainer erhalten in der EU „temporären Schutz“

Ukrainer warten in der umkämpften Stadt Charkiw auf den rettenden Zug aus der Stadt
EU-Innenminister geben heute grünes Licht: Flüchtlinge bekommen Zugang zu Schulen, Arbeitsmarkt, Gesundheitssystem

Wer immer vor den Kämpfen in der Ukraine nach Westen flieht – Europas Türen steht den Flüchtlingen offen. Binnen sieben Tagen seit Beginn der russischen Invasion haben sich bereits fast 850.000 Menschen Richtung Westen gerettet, meist nach Polen, Ungarn, Rumänien, in die Slowakei und die Republik Moldau. Niemand werde zurückgewiesen, hieß es aus EU-Kreisen in Brüssel. Weder Geflohene ohne Dokumente noch Männer im wehrfähigen Alter, die die ukrainische Regierung eigentlich nicht ausreisen lassen will.

Mit zwischen 2,5 und 6,5 Millionen Flüchtlingen rechnet man in der EU. Um sie zu versorgen, aktivieren die EU-Innenminister heute erstmals die sogenannte „Massenzustrom-Richtlinie“. Für die geflohenen Ukrainer bedeutet das: Sie erhalten „temporären Schutz“ in der ganzen EU. Dieser kann auf bis zu drei Jahre ausgedehnt werden.Anders als bei gewöhnlichen Asylverfahren, die sich über Jahre hinziehen können, geht es um schnelle und unbürokratische Hilfe. Ukrainer mit einem biometrischen Pass haben zunächst 90 Tage lang visafreien Zugang zum Unionsgebiet.

Ukrainer erhalten in der EU „temporären Schutz“

In dieser Zeit können die Kriegsflüchtlinge selbst wählen, in welchem EU-Land sie blieben wollen. Dort erhalten sie den „vorübergehenden Schutz“. Und der bedeutet: Zugang zu Schulen, zum Arbeitsmarkt, zum Gesundheits- und Sozialsystem. Wenn sie wollen, können die Geflohenen dennoch auch um Asyl ansuchen.

Den bisher üblichen Streit, welcher EU-Staat wie viele Flüchtlinge aufnimmt und welche gar keine, wird es dieses Mal nicht geben. Sollte ein Land sich überfordert sehen, sollen andere Staaten freiwillig aushelfen.

Balkan-Kriege

Die erst jetzt aktivierte EU-Richtlinie gibt es schon seit zwanzig Jahren, sie entstand aus der Erfahrung der Balkan-Kriege in den 1990er-Jahren. Weil befürchtet wurde, dass bei einem sehr hohen Flüchtlingsaufkommen die EU-Staaten aufwendige Asylverfahren nicht durchführen können, wollte die EU Kriegsflüchtlingen auch ohne lange Asylverfahren den Aufenthalt ermöglichen. Bei den großen Flüchtlings- und Migrationsbewegungen 2015/16 wurde die Richtlinie nicht aktiviert. Dies wird damit begründe dass damals nur 40 Prozent der Angekommenen Flüchtlinge aus Syrien gewesen seien. Jetzt sei die Sachlage eine ganz andere, hieß es in EU-Kreisen: Alle Flüchtlinge gehörten einer einzigen Nation an.

Knapp 80.000 Ukrainer sind bisher nach Moldawien geflohen, weitere 43.000 nach Russland. Im Land selbst wird die Lage immer katastrophaler: An die 12 Millionen Menschen in der Ukraine benötigen nach Schätzungen der UNO Hilfe und Schutz.

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