Verwirrspiel: Giftanschlag auf Oligarch Abramowitsch?

Verwirrspiel: Giftanschlag auf Oligarch Abramowitsch?
Angeblich gab es eine Attacke auf Abramowitsch, der als Unterhändler für Moskau aktiv war, und auf zwei ukrainische Verhandler. Doch Kiew dementiert - und Moskau schweigt.

Die Geschichte klingt vertraut: Die Haut soll sich von Gesicht und Händen gelöst haben, die Augen sollen tränen, und er soll einige Stunden lang nichts gesehen haben: Auf Roman Abramowitsch, einen der reichsten russischen  Oligarchen, sowie zwei hochrangige Mitglieder der ukrainischen Delegation soll vor wenigen Wochen ein Giftanschlag verübt worden sein. Das berichten zumindest das renommierte Wall Street Journal und das Investigativportal Bellingcat, auch andere Medien bestätigen das.

War das ein Angriff der russischen Seite? Vieles an dem Vorfall erinnert an Giftanschläge, die der Kreml über den russischen Geheimdienst FSB in jüngerer Vergangenheit durchgeführt haben soll – etwa jene auf Sergej Skripal oder Alexej Nawalny. Nur: Kiew dementiert, dass es eine Attacke gegeben habe, alle Delegationsmitglieder arbeiten normal, heißt es. Und Moskau schweigt ohnehin zu alledem.

"Sag ihnen, ich werde sie verdreschen“

Was ist da also passiert? Wieso gerade der Russe Abramowitsch das Ziel war, ist rätselhaft, so wie einige andere Details des Falls. Der Oligarch war nämlich auch als Verhandler im Ukraine-Krieg aktiv, allerdings für Moskau – Wladimir Putin soll ihn gebeten haben, in Parallelgesprächen abseits der offiziellen Verhandlungen zu vermitteln. Mit Putin verbindet Abramowitsch eine enge Beziehung, wenngleich der Oligarch diese immer zu verschleiern versucht hat – er lebte seit Langem im Ausland.

Der Oligarch selbst dürfte sich davon erhofft haben, seine angeschlagene Reputation zu retten. Er sei zwischen Istanbul, Moskau und Kiew hin- und hergeflogen, um Nachrichten zwischen den Präsidentenbüros auszutauschen; dabei soll es laut der britischen  Times auch zu einer heftigen Reaktion Putins gekommen sein. „Sag ihnen, ich werde sie verdreschen“, soll Putin gesagt haben, als Abramowitsch ihm ukrainische Ideen zu einem Friedensvertrag überbrachte.

Das "Informationsspiel"

Dass die ukrainische Seite jetzt dementiert, dass es eine Attacke gegeben habe. könnte an den neuerlichen Verhandlungen liegen, die am Dienstag in Istanbul starten sollen – vielleicht will man die Gesprächsgrundlage  nicht zerstören oder hat noch Informationen, die man nicht preisgeben will. Chefverhandler Michajlo Podoljak sprach  jedenfalls davon, dass es „gerade viele Spekulationen, unterschiedliche Verschwörungsversionen und Elemente des einen oder anderen Informationsspiels“ gebe.

Mit welcher Substanz Abramowitsch und die ukrainischen Verhandler vergiftet wurden, ist laut Experten unklar. Die Symptome könnten von einer chemischen, biologischen oder auch von einer Strahlen-Attacke herrühren. Verübt soll der Anschlag laut Bellingcat jedenfalls Anfang März worden sein, man vermutet dahinter einen „Warnschuss“,  keine Tötungsabsicht. Passiert ist das Ganze übrigens in zeitlicher Nähe übrigens zu einem anderen fragwürdigen Vorfall: Nach einer Verhandlungsrunde mit Moskau ließ der ukrainische Geheimdienst einen der eigenen ukrainischen Verhandler liquidieren. Er sei ein Doppelagent gewesen, hieß es danach. 

 

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