Putins Krieg darf es in Russland nicht geben

Putins Krieg darf es in Russland nicht geben
Wer berichtet, wird bestraft: In russischen Medien gibt es keine toten Soldaten, keine Bomben. Trotzdem protestieren Tausende – das ist ein Lichtblick.

Ein normaler Nachmittag im russischen TV. Zunächst kommt eine Talkshow, danach ein Sowjetfilm. Später läuft „60 Minuten“, die populärste Polit-Sendung im staatlichen Kanal. Das Thema: Die „Spezialoperation“ zur „Befreiung“ des Donbass, gespickt mit winkenden Menschen, lächelnden Reportern. „In Kiew“, sagt die Moderatorin, herrsche dafür Anarchie. „Kriminelle mit Waffen“ hätten die Stadt besetzt, Kinder würden als lebende Schutzschilde benutzt, und Selenskij habe Neonazis aus dem Ausland eingeladen, gegen die „Befreier“ zu kämpfen.

Es gibt nur „Befreier“

Das Wort Krieg, die vielen Toten, die Bomben auf Wohnhäuser: Das alles kommt in der russischen Berichterstattung nicht vor. Das liegt nicht nur daran, dass die oberste Medienbehörde in Moskau unter Androhung von bis zu 15 Jahren Strafe vorschreibt, nur staatliche Quellen zu benutzen und untersagt hat, Begriffe wie „Angriff“, „Invasion“ und „Kriegserklärung“ zu benutzen oder über zivile Opfer zu schreiben. Die großen russischen Medien – alle in staatlicher Hand oder fest im Oligarchengriff – agieren auch in vorauseilendem Gehorsam. Tagelang wurde nur über eine kleinräumige „Befreiungsaktion“ in den „Volksrepubliken“ berichtet, die Totalinvasion verschwiegen.

Anders als 2014

Bei den Russen kommt diese Erzählung von der „Befreiung“ an, denn sie fällt auf fruchtbaren Boden. Schon in der Schule wird unterrichtet, dass Russland noch nie einen Angriffskrieg gestartet habe, und dass die Ukrainer ein unterdrücktes „Brudervolk“ seien, das es zu retten gelte, hören sie seit acht Jahren. „Russische Propaganda ist wie Nuklearstrahlung. Sie hat hier sehr viele erreicht“, beschreibt es Dmitrij Muratow, Friedensnobelpreisträger und Chefredakteur der unabhängigen Nowaja Gazeta; sein Blatt ist eines der wenigen Medien, die trotz Repressionen akkurat berichten. Zwei andere große Unabhängige - der TV-Sender Dozhd und der größte Moskauer Radiosender Echo Moskwy - wurden jetzt kurzerhand abgedreht.

Allein, der Krieg von heute ist nicht der von 2014. Befürworteten damals 85 Prozent der Russen die Annexion der Krim, fanden die Anerkennung der „Volksrepubliken“ vor einer Woche nur 45 Prozent gut. Noch weniger befürworteten die Totalinvasion, die jetzt stattfindet.

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