Taurus: Vorerst keine deutschen Marschflugkörper für die Ukraine

Der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz will der Ukraine vorerst keine Taurus-Marschflugkörper liefern.
Deutschland möchte die Ukraine lieber mit Luftabwehrsystemen und Artillerie unterstützen.

Deutschlands Kanzler Olaf Scholz (SPD) will trotz aller Forderungen der Ukraine vorerst keine Marschflugkörper vom Typ Taurus in das Kriegsgebiet liefern.

Stattdessen will Deutschland die ukrainischen Streitkräfte weiter vor allem mit Luftabwehrsystemen und Artillerie in ihrem Kampf gegen die russischen Angreifer unterstützen. 

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Eine formelle Entscheidung gibt es dazu aber weiterhin nicht. Damit bleibt die Option einer Lieferung zu einem späteren Zeitpunkt offen.

Großbritannien und Frankreich haben der Ukraine bereits Marschflugkörper der praktisch identischen Typen Storm Shadow und Scalp geliefert.

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Ende Mai fragte die Ukraine offiziell auch bei der deutschen Regierung an, ob sie ihre Taurus mit einer Reichweite von 500 Kilometern bereitstellen kann. Das ukrainische Militär benötigt die Raketen, um russische Stellungen weit hinter der Frontlinie angreifen zu können, die mit Artillerie nicht erreicht werden können.

Scholz von Beginn an skeptisch

Scholz stand einer Lieferung von Anfang an skeptisch gegenüber. Dahinter steckt die Befürchtung, dass wegen der großen Reichweite mit den Raketen auch russisches Territorium angegriffen werden kann. Trotzdem sah es zwischenzeitlich so aus, als könnte sich die Regierung dafür entscheiden. Bei FDP und Grünen gibt es große Sympathien für einen solchen Schritt.

Aber auch die USA haben sich bisher nicht zu einer Lieferung ihrer Marschflugkörper vom Typ Atacms durchdringen können. Das dürfte Scholz in seiner skeptischen Haltung bestärkt haben. Bei allen qualitativ neuen Schritten bei der militärischen Unterstützung der Ukraine hat er sich bisher daran orientiert, was die USA tun.

Schon beim letzten Treffen des Kanzlers mit Präsident Wolodymyr Selenskij am Rande der UNO-Vollversammlung in New York Mitte September zeichnete sich ab, dass es zunächst nicht zu einer Taurus-Lieferung kommen wird. Selenskij habe sich für die deutsche Militärhilfe bedankt, insbesondere für die Artillerie und Luftverteidigung, hieß es in der deutschen Mitteilung nach dem Treffen. Von den Marschflugkörpern war keine Rede.

Am Mittwoch berichtete zuerst die Bild, dass es vorerst nicht zu einer Taurus-Lieferung kommen werde. Das sei Kiew deutlich gemacht worden. Den Angaben zufolge hat Scholz seine Begründung vergangene Woche in einer Sitzung des Auswärtigen Ausschusses geliefert. Mit Blick auf das Risiko einer Steuerung der Raketen auf russisches Territorium habe er gesagt, Großbritannien und Frankreich könnten etwas, "was wir nicht dürfen". Gemeint sei damit, dass Großbritannien und Frankreich Geodaten für Raketenziele selbst liefern - Großbritannien auch mit eigenem Personal vor Ort in der Ukraine.

Zudem sollen deutsche Regierungsvertreter dem Bericht zufolge die Sorge geäußert haben, dass mit Taurus-Marschflugkörpern die Kertsch-Brücke zwischen dem russischen Festland und der von Russland annektierten ukrainischen Halbinsel Krim getroffen werden könnte.

Kein deutsches Personal für die Ukraine

Vor allem die Entsendung eigenen Personals in die Ukraine kommt für die deutsche Regierung nicht in Frage. Damit würde man sich in eine völkerrechtliche Grauzone zu einer Kriegsbeteiligung begeben. Zudem wäre dafür die Zustimmung des Bundestags notwendig.

Eine Regierungssprecherin erklärte am Mittwochabend zu den Berichten nur: "Zur Frage von Taurus-Marschflugkörpern gibt es keinen neuen Sachstand mitzuteilen." Gemeint ist: Es gibt keine formelle Entscheidung.

Eine solcher Schritt würde auch Russlands Präsident Wladimir Putin in die Hände spielen. Er könnte sie als Bröckeln der westlichen Unterstützung der Ukraine werten. Eine negative Entscheidung zu Taurus wird also voraussichtlich nie verkündet werden.

"Verheerendes Signal" an Moskau

Die Diskussion über die Marschflugkörper ist aber längst nicht vorbei und die Zurückhaltung könnte für neuen Ärger in der Koalition sorgen. Der Grünen-Europapolitiker Anton Hofreiter sprach am Donnerstag von einem "verheerenden Signal" an Moskau.

Mangelnde Entschlossenheit und zähe Diskussionen über Waffensysteme bestärkten Moskau nur in der Ansicht, den Krieg auf lange Sicht gewinnen zu können, sagte er im Deutschlandfunk. "Solange wir dieses Signal immer wieder aus Ängstlichkeit, aus Überforderung, aus nicht schnell genug entscheiden können entsenden, solange wird dieser Krieg weitergehen."

Er erwarte von Scholz, "dass er endlich den Weg freimacht für die vernünftige Unterstützung der Ukraine", sagte Hofreiter. Der Krieg werde erst zu Ende gehen, wenn Putin verstehe, dass es sich für ihn nicht lohnt, den Krieg gegen die Ukraine weiter fortzusetzen. Dafür brauche es Entschlossenheit.

Auch die Konservativen bekräftigten ihre Forderung nach der Taurus-Lieferung: "Mit der Absage der Taurus-Lieferung bestätigt Scholz den Totalausfall Deutschlands als selbst ernannte Führungsnation für europäische Sicherheit und stößt unsere Partner wie Großbritannien und Frankreich vor den Kopf, die bereits Marschflugkörper liefern", sagte der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter der Bild.

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