Warum Deutschland mit der Lieferung des "Taurus" für die Ukraine zögert

Der grüne „Taurus“: Die Ukraine hätte ihn gern, Deutschland zögert noch.
Es wirkt wie ein Déjà-vu: Was bereits bei Flugabwehrsystemen und Panzern der Fall war, wiederholt sich, wenn es darum geht, der Ukraine Marschflugkörper vom Typ "Taurus" zu liefern. "Entscheidungen müssen immer sorgfältig gewogen werden", sieht es Kanzler Olaf Scholz (SPD). "Und das werde ich weiter tun und das auch sehr klar sagen."
Bereits im Mai wurden Bitten aus der Ukraine um die Raketen aus deutscher Produktion laut. Während Frankreich und Großbritannien mit den SCALP, bzw. Storm Shadows bereits ähnliche Waffen geliefert haben, zögert die Bundesregierung noch. Zuletzt forderten nicht nur Politiker der CDU die Lieferung, auch die Koalitionspartner Grüne und FDP erhöhten den Druck auf Scholz und dessen Parteikollegen und Verteidigungsminister Boris Pistorius.
Der liberale Finanzminister Christian Lindner, der nun erstmals in die Ukraine gereist war, äußerte sich vor Ort folgendermaßen: "Da ich weiß, dass viele für eine solche Unterstützung Sympathie haben, wie ich selbst auch, hoffe ich auf eine baldige, sehr baldige Klärung dieser Fragen." Die Bevölkerung dürfte Lindner damit aber nicht gemeint haben: In einer Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa im Auftrag sprachen sich 66 Prozent der Befragten gegen ein Nachkommen der Forderung aus.
Seit Kriegsbeginn hat Deutschland die Ukraine mit Waffenlieferungen im Wert von 7,5 Milliarden Euro unterstützt. Damit ist die Bundesrepublik nach den USA der zweitgrößte Unterstützer. Auch wenn die "Taurus" – wie jedes andere einzelne Waffensystem – keine "Gamechanger" im Krieg wären, dürften sie im Falle einer Lieferung der Ukraine dabei dienlich sein, die russischen Brücken zur Krim in ernsthafte Gefahr zu bringen.
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Kanzler Scholz (SPD) gibt sich bei der Waffenlieferung an die Ukraine einmal mehr zögerlich.
Was der "Taurus" kann
Der Taurus-Tandem-Gefechtskopf mit dem Namen "Mephisto" besteht aus zwei Teilen: Eine Vorhohlladung sorgt dafür, dass bei einer Brücke beispielsweise der Boden durchschlagen wird, bis der Gefechtskopf an einem Brückenpfeiler detoniert.
Die rund fünf Meter langen und fast 1.400 Kilo schweren Flugkörper sind mit einem eigenen Triebwerk und insgesamt vier voneinander unabhängigen Navigationssystemen ausgestattet. Sie orientieren sich anhand von Daten über die Geländebeschaffenheit und gleichen ihren Standort über Bild- und Infrarotsensoren sowie GPS-Daten ab.
Taurus werden von Flugzeugen aus abgefeuert und verfügen über eine Reichweite von 500 Kilometern. Die deutsche Bundesregierung fürchtet deswegen, dass die Ukraine die Taurus-Marschflugkörper auch auf russisches Territorium feuern könnte. Laut FDP-Verteidigungspolitiker Marcus Faber sind nur noch 150 Taurus-Marschflugkörper der deutschen Luftwaffe einsatzbereit. Er geht aber davon aus, dass die übrigen 450 durch den Hersteller für den Export in die Ukraine wieder funktionsfähig gemacht werden könnten – sollte Berlin einer Lieferung zustimmen.
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