Selenskij besucht Cherson: "Bereit für den Frieden"

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Ermittler haben in den zurückeroberten Teilen der Region Cherson bislang bereits mehr als 400 russische Kriegsverbrechen aufgedeckt.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskij hat am Montag die von der russischen Besatzung befreite Stadt Cherson im Süden des Landes besucht. „Wir kommen voran“, sagte er vor Soldaten vor einem Verwaltungsgebäude, an dem sich zahlreiche Zivilisten mit ukrainischen Fahnen versammelt hatten. „Wir sind bereit für den Frieden, für Frieden für unser gesamtes Land.“

Ungeachtet der anhaltenden russischen Angriffe hat Selenskij seinen Landsleuten Mut zugesprochen. "Wir alle spüren, wie unser Sieg naht."

Selenskij dankte dabei den westlichen Staaten für deren anhaltende Unterstützung und betonte, vor allem die Lieferung von US-Raketen habe einen großen Unterschied gemacht. Die Reaktionen der Bevölkerung auf die Ankunft der ukrainischen Truppen in Cherson sprächen für sich, sagte Selenskij. „Ihre Reaktionen sind nicht gestellt“, betonte er.

Seit Freitag begrüßen die Menschen in der Stadt die einrückenden ukrainischen Soldaten teils frenetisch. Mehr als achteinhalb Monate nach dem russischen Einmarsch hatte die ukrainische Armee in der vergangenen Woche einen großen Erfolg verbucht: Nach erfolgreichen Gegenoffensiven zogen sich die Russen im südlichen Gebiet Cherson aus der gleichnamigen Gebietshauptstadt und weiteren Orten auf der rechten Seite des Dnipro zurück.
Es war die bislang schwerste Niederlage für Russland seit Beginn des Angriffskriegs am 24. Februar.

Cherson ist eine von vier ukrainischen Regionen, die die Regierung in Moskau völkerrechtswidrig annektiert und zum Teil des Staatsgebiets der Russischen Föderation erklärt hat.

Mehr als 400 Kriegsverbrechen

Nach Angaben Selenskijs haben Ermittler in den zurückeroberten Teilen Chersons bislang bereits mehr als 400 russische Kriegsverbrechen aufgedeckt. Es seien Leichen von Soldaten und Zivilisten gefunden worden. Weiter sagte er in seiner allabendlichen Video-Botschaft am Sonntag, es würden russische Soldaten und Söldner festgenommen.

In 226 Ortschaften mit insgesamt über 100.000 Einwohnern sei der Rechtsstaat wiederhergestellt worden. Reuters sprach mit Anwohnern, die die russische Besatzung erlebt haben. Ihren Berichten zufolge wurden Zivilisten getötet und verschleppt. Russland weist solche Vorwürfe zurück.

Das ukrainische Verteidigungsministerium teilte am Sonntagabend mit, in den vergangenen Tagen seien 179 Ortschaften und 4500 Quadratkilometer entlang der Küste des Dnipro im Süden des Landes zurückerobert worden.

Der Generalstab erklärte, im Osten in Lukansk und Donezk würden die schweren Kämpfe fortgesetzt. In beiden Regionen seien in den vergangenen 24 Stunden mehrere russische Angriffe abgewehrt worden.

Kiew entzieht Journalisten Akkreditierung

Das ukrainische Militär hat mehreren westlichen Journalisten nach ihrer Berichterstattung aus dem Gebiet Cherson die Akkreditierung entzogen. „In jüngster Zeit haben einige Medienvertreter die bestehenden Verbote und Warnungen ignoriert und ohne Zustimmung der Kommandeure und zuständigen PR-Abteilungen des Militärs ihre Berichterstattung aus Cherson aufgenommen, noch bevor die Stabilisierungsmaßnahmen abgeschlossen waren“, so die Begründung des Generalstabs am Montag.

Aus dem Eintrag geht nicht hervor, welche Journalisten betroffen sind. Medienberichten zufolge jedoch sollen mindestens sechs Korrespondenten der Fernsehsender CNN und Sky News ihre Akkreditierung verloren haben. Dem ukrainischen Medienportal Detector.media zufolge wurde zudem zwei Journalisten des ukrainischen Internetsenders Hromadske die Akkreditierung des Militärs wegen einer Reportage aus Cherson entzogen.
Die russische Armee hat Ende vergangener Woche den nordwestlichen Teil der Region Cherson geräumt, darunter auch die Gebietshauptstadt selbst. Das ukrainische Militär ist aus Vorsichtsmaßnahmen erst langsam in die Gebiete eingerückt. Als eine der wichtigsten Sofortmaßnahmen nannte Präsident Wolodymyr Selenskyj die Minenräumung in Cherson und Umgebung.

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