Russische Kritik an eigener Kriegsführung
In Russland wächst die öffentliche Kritik an der eigenen Kriegsführung, weil die Truppen Moskaus keine militärischen Erfolge gegen den Widerstand der ukrainischen Streitkräfte vorweisen können.
Der prominente Parlamentsabgeordnete Konstantin Satulin von der Regierungspartei Geeintes Russland beklagte bei einer Konferenz zum Thema "Welche Ukraine brauchen wir?" ein Versagen und Fehler Moskaus.
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Weiters in diesem Artikel:
- Mehr Musterungsstellen in Russland
- "Terrorstaat Russland": Russische Angriffe auf Dnipro
- Selenskij: Soldaten und Rettungskräften danken
- Ukraine zur Gegenoffensive bereit
- Selenskij: Keine Verhandlungen möglich
Die "militärische Spezialoperation" hätte gleich von Anfang als "Krieg" bezeichnet werden müssen, meinte Satulin. Es sei nicht nur eine Fehleinschätzung gewesen, den Krieg innerhalb weniger Tage gewinnen zu können; es sei auch nicht ein einziges vom Kreml ausgegebenes Kriegsziel erreicht worden.
Es sei weder eine Entmilitarisierung noch die Neutralität noch ein besserer Schutz der Menschen im Donbass erreicht worden. "In welchem der Punkte haben wir ein Ergebnis erreicht? Nicht in einem", sagte Satulin.
Solche Aussagen von Abgeordneten sind ungewöhnlich. Der Abgeordnete bejahte auch Frage, ob die Ukraine als Staat überleben werde. "Weil unsere Kräfte nicht ausreichen, um das zu verhindern - bei solch einer Unterstützung, die sie erhält", meinte er mit Blick auf die westliche Hilfe für die Ukraine.
Mehr Musterungsstellen in Russland
Russland denkt laut Regierung nicht ans Aufgeben. Das russische Verteidigungsministerium hat nach eigenen Angaben die Zahl der Musterungsstellen zur Anwerbung Freiwilliger für den Kriegseinsatz in der Ukraine ausgeweitet. Es gebe mehr solcher Punkte und mehr Instrukteure, um mit den Kandidaten zu arbeiten, teilte das Ministerium am Samstag in Moskau mit
So könnten mehr Verträge mit Bürgern für den Kriegsdienst abgeschlossen werden. Die Zahl der Bewerber, die "ihr Leben mit dem Kriegsdienst verbinden wollen", sei in "bedeutendem Maße" gestiegen, hieß es in der Mittelung.
Nach offiziellen Angaben hatten sich in den vergangenen Monaten im Zuge einer Werbekampagne des Verteidigungsministeriums mehr als 100.000 Russen als Freiwillige zum Kriegsdienst gemeldet, etwa ein Viertel der geplanten Zahl. Unter der Losung "Gemeinsam zum Sieg" hofft das Ministerium
Neben dem Verteidigungsministerium werben auch russische private Militärfirmen wie die Wagner-Gruppe des Geschäftsmanns Jewgeni Prigoschin um Freiwillige. Der angebotene Sold von umgerechnet deutlich mehr als 2.000 Euro liegt um ein Vielfaches über dem durchschnittlichen Einkommen in Russland.
"Terrorstaat Russland"
Nach einem russischen Angriff in einem Vorort der ukrainischen Millionenstadt Dnipro haben Rettungskräfte die Leiche eines zweijährigen Mädchens unter den Trümmern eines Hauses gefunden. Die Behörden meldeten am frühen Sonntagmorgen zudem 22 Verletzte, darunter auch fünf Kinder.
Präsident Wolodymyr Selenskij hatte am Samstagabend in Kiew gesagt: "Wieder hat Russland gezeigt, dass es ein Terrorstaat ist.“ Der Staatschef veröffentlichte ein Video, auf dem ein völlig zerstörtes zweistöckiges Gebäude zu sehen war. Einsatzkräfte suchten noch nach Überlebenden. Behördenangaben vom Sonntag zufolge wurden in dem Ort auch zehn Privathäuser, ein Auto, ein Geschäft sowie Gaspipelines beschädigt.
Russische Raketen- und Drohnenangriffe treffen in der Ukraine immer wieder auch zivile Infrastruktur. Laut Selenskij schlug ein Geschoss zwischen zwei zweistöckigen Wohnhäusern ein.
Zuvor hatte es in der Region Luftalarm gegeben. Es war unklar, was genau dort eingeschlagen war. Dnipro liegt im Südosten der Ukraine. "Die Russen werden die Verantwortung tragen für alles, was sie unserem Staat und den Menschen angetan haben“, sagte Selenskij.
In seiner abendlichen Videobotschaft dankte er Rettungskräften, Kämpfern und allen, die ihren Beitrag leisteten im Kampf gegen die seit mehr als 15 Monaten dauernde russische Invasion. Selenskij rief die Menschen auf, den Soldaten und allen, die für die Existenz der Ukraine kämpften, immer wieder auch persönlich einmal Dank auszusprechen.
Zur Gegenoffensive bereit
In einem Interview sagte Selenskij, dass er das Land bereit für die seit Langem angekündigte Gegenoffensive zur Befreiung seiner Gebiete von der russischen Besatzung sehe. "Ich denke, wir sind heute dafür bereit", sagte er dem Wall Street Journal.
Die US-Zeitung veröffentlichte das Interview am Samstag auch als Video auf ihrer Internetseite. Selenskij betonte, dass die Ukraine gern noch einige Waffen für die Offensive gegen die russische Invasion gehabt hätte, aber nicht mehr Monate warten könne auf deren Lieferung.
"Wir glauben sehr an den Erfolg, ich weiß nicht, wie lange wir Zeit brauchen", sagte er. Zugleich wies er darauf hin, dass es dauern könne und der Preis für den Erfolg hoch sein werde.
Seit Monaten wird über den Beginn der Offensive spekuliert, zeitweilig hatte es in Kiew geheißen, die Operation laufe bereits.
Selenskij: Keine Verhandlungen möglich
Selenskij hatte am Samstag auch ein Video von einem Gespräch mit Journalisten aus Lateinamerika veröffentlicht, in dem er erneut betonte, dass mit der derzeitigen russischen Führung keine Verhandlungen für eine Beendigung des Krieges möglich seien.
Die einzige Chance für Russland sei, seine Truppen aus der Ukraine abzuziehen, sagte er.
Der 45-Jährige bekräftigte, andernfalls bis zum Sieg der Ukraine und einer Niederlage Russlands in dem Krieg zu kämpfen.
Im Fall einer Niederlage Russlands, drohe dort eine Revolution, meinte er.
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