Putsch gegen Putin? Was hinter dem Gerücht steckt

Putsch gegen Putin? Was hinter dem Gerücht steckt
Ukrainische Geheimdienste berichten von einem geplanten FSB-Putsch gegen den Kremlchef. Der lässt dort erste Köpfe rollen. Was ist da los?

Loyal, ergeben, gewissenhaft. Und das bis zum Tod. Wer es in Putins Umfeld in den vergangenen Jahren zu etwas bringen wollte, musste genau das sein. Nicht umsonst waren alle in seinem innerem Zirkel Silowiki, also Geheimdienstler, die dieselbe Schule durchlaufen haben wie er.

Dass sich einer dieser Männer gegen den Kremlchef wenden könnte, ihn stürzen könnte, ist schon länger Wunschtraum mancher Strategen in westlichen Staatskanzleien. Jetzt vermeldete der ukrainische Militärgeheimdienst genau das: In politischen und wirtschaftlichen Kreisen sei die Unzufriedenheit so groß, dass eine Palastrevolution geplant werde. Ausführen solle die mit FSB-Chef Aleksandr Bortnikow ausgerechnet einer von Putins engsten Weggefährten. Selbst eine Vergiftung des Kremlchefs wird kolportiert.

Zwietracht

Was da dahintersteckt?

Primär will Kiew wohl Zwietracht in Putins innerstem Zirkel schüren. In den Eliten um ihn gab es ohnehin nie Einheit, die Gruppen kontrollierten sich – ganz im Sinne des Kremlchefs übrigens – immer gegenseitig. Zuletzt aber ist diese Feindschaft gewachsen, vor allem zwischen FSB und Armee. Ziel dieser Aktion könnte also sein, Bortnikows Position weiter zu schwächen – das würde die kleinen Risse in Putins Festung vergrößern.

Bortnikow, bisher im engsten Kreis Putins zu Hause, gilt als angeschlagen. Ihm wird die schlechte geheimdienstliche Vorbereitung des Krieges angelastet. In einem internen FSB-Papier, das vor Kurzem geleakt worden war, stellte der FSB das selbst fest. Putin wurde wohl versprochen, dass der Krieg binnen Tagen zu einem erfolgreichen Ende geführt werden könne.

Als Schuldige dafür wurden die zwei Leiter der mächtigen Fünften Abteilung des FSB ausgemacht. Sie hätten die Invasion vorbereiten sollen, indem sie Überläufer organisieren, Staatsdiener bestechen, die Stimmung in der Bevölkerung beeinflussen. Jetzt sitzen die beiden im Hausarrest, weil sie stattdessen offenbar Teile der Mittel dafür abgezweigt und dem Kreml behübschte Berichte vorgelegt haben.

Säuberungen

Pikant dabei ist, dass Putin wohl von jenen Männern hintergangen wurde, die er am meisten schützte. Die Fünfte Abteilung des FSB hat er selbst gegründet, und über einen der Inhaftierten, Sergej Beseda, hielt er selbst dann noch die schützende Hand, als der 2014 die Stimmung am Maidan pro Russland hätte drehen sollen – und dabei spektakulär versagte.

Ein weiteres Indiz dafür, dass Putin in seinem engsten Umfeld zu säubern beginnt, ist die Verhaftung von Roman Gawrilow, dem stellvertretenden Chef der Nationalgarde. Sie gilt als Putins Leibarmee, kämpft auch in der Ukraine – mit ähnlich schlechten Ergebnissen wie der FSB. Christo Grozev, Chef der Plattform Bellingcat und einer der profiliertesten Silowiki-Kenner, drückt es so aus: „Es steht so schlecht, dass er mitten im Rennen die Pferde wechselt – das ist ein großes Tabu während eines Krieges.“

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