"Tag der Entlassungen": Diese ukrainischen Minister müssen gehen. Aber warum?
Im Juli bereits angekündigt, sollte er zwei Monate später, Anfang September, nun kommen: der "Tag der Entlassungen" - gefolgt von einem "Tag der Ernennungen". So zumindest tat es am Mittwoch der Fraktionschef der ukrainischen Präsidentenpartei „Diener des Volkes“, David Arachamija, auf seinem Telegram-Profil kund. Bis gestern früh hatten bereits sechs ukrainische Minister ihren Rücktritt eingereicht.
Darunter auch der im Westen wohl bekannteste: Außenminister Dmytro Kuleba.
Der 43-jährige Karrierediplomat, der mit seinem österreichischen Amtskollegen Alexander Schallenberg ein gutes, freundschaftliches Verhältnis pflegt, hatte das Außenministerium vor vier Jahren, also noch vor dem russischen Angriffskrieg übernommen.
Kulebas Antrag reiht sich in zahlreiche weitere Rücktrittserklärungen seit Dienstag ein. So erklärten der für Rüstungsindustrie zuständige Olexander Kamyschin, Denys Maljuska (Justiz) und Ruslan Strilez (Umwelt) ihr Ausscheiden aus der Regierung. Auch der für Privatisierungen zuständige Chef des Fonds für Staatseigentum, Witalij Kowal, wird demnach aus dem Amt scheiden.
Weitere Rücktrittsgesuche kamen von den Vizeregierungschefinnen Olha Stefanischyna und Iryna Wereschtschuk. Wereschtschuk ist für Flüchtlingsfragen, Stefanischyna für die europäische Integration der Ukraine verantwortlich.
Raketenbeschuss auf Lwiw
Diese größte Regierungsumbildung seit Kriegsbeginn vollzieht sich während heftigen Beschusses aus Russland.
Bei einem Raketenangriff auf Lwiw kamen am Mittwoch mindestens sieben Menschen ums Leben, 53 wurden verletzt. Drei der sieben Toten waren Kinder. Der Angriff ereignete sich in der Altstadt von Lwiw normalerweise ein relativ sicherer Ort in der Ukraine.
Schon im Juli hatte Präsident Wolodimir Selenskij eine umfassende Regierungsumbildung angekündigt. Ziel sei es, wie er sagte, die Regierungsarbeit unter der Last des Krieges effizienter zu machen. Die Kabinettsumbildung wird als eine Art „Neustart“ vor dem Winter dargestellt, der nach den heftigen russischen Angriffen auf kritische Infrastrukturen und schlechten Nachrichten von der Front voraussichtlich zu vermehrten Stromausfällen führen wird.
Selenskij: „Der Herbst wird für die Ukraine äußerst wichtig sein. Und unsere staatlichen Institutionen müssen so aufgestellt werden, dass die Ukraine alle Ergebnisse erzielt, die wir brauchen … Wir müssen einige Bereiche in der Regierung stärken, und Personalentscheidungen sind vorbereitet.“
Für erheblich Aufregung in der Ukraine aber sorgte die Absetzung des Chefs des ukrainischen Energiekonzerns Ukrenergo. Wolodimir Kudrytskyi wurde am Montag entlassen - mit der Begründung, er habe beim Schutz der ukrainischen Energieanlagen versagt. Aus Protest gegen dieses Maßnahme haben zwei ausländische Direktoren den Vorstand des Konzerns verlassen. Hinter dem Rauswurf des Managers wurde ein Versuch des Präsidenten und seines Teams vermutet, die Macht zu zentralisieren.
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