"Zu früh für Lösung"
Die hat man auch in Kiew gehört, sagt Olga Stefanischyna, ukrainische Vizepremierministerin und zuständig für die EU-Integration. "Wir wissen, dass das hier ein großes Thema ist", sagt sie im Gespräch mit dem KURIER. Auch bei ihrem Wien-Besuch bei Europaministerin Karoline Edtstadler sei das drängende Thema am Tisch gelegen.
Allein, eine Antwort gibt es bisher nicht, zumindest offiziell nicht. Es sei "zu früh, um über die Lösung zu sprechen, die wir nach Ende des Vertrags anpeilen", sagt Stefanischyna, versichert aber zeitgleich: "Wir sichern Österreichs Gasversorgung nachhaltig. Die Ukraine wird den Zugang der österreichischen Bürger zum Gas verlässlich sicherstellen."
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Pipeline-Ausbau dauert länger als geplant
Eine Lösung zu finden, ist allerdings nicht so einfach. Die Ukraine und Österreich stecken in einer Zwickmühle, wenn auch nicht in der gleichen: In Wien wird man bis zum Ablauf der Verträge keine Alternativlösung für das russische Gas gefunden haben – der Ausbau der Pipeline nach Deutschland, mit der man die riesige Versorgungslücke stopfen wollte, dauert deutlich länger als bis Anfang 2025. Die Ukraine hingegen hat nichts von der weiteren Durchleitung des Gases, sie bleibt jetzt schon auf ihren Rechnungen sitzen. Die Gazprom zahlt für den Transit nicht den vereinbarten Betrag. Und dass Europas Geld nach Russland fließt, ist Kiew ohnehin ein Dorn im Auge.
Allerdings: Die Fortsetzung der Durchleitung ist zumindest ein Faustpfand, das die Ukraine in der Hand hält. Gegenüber Wien braucht man das weniger als in der Konfrontation mit Ungarn, das ja auch einen Teil seines Gases aus Russland über ukrainische Pipelines bezieht. Premier Viktor Orbán ist derzeit der einzige unter den EU-Staats- und -Regierungschefs, der die EU-Beitrittsgespräche der Ukraine blockiert. Er drohte kürzlich – nach einem Treffen mit Kremlchef Putin – sogar mit einem Veto beim EU-Gipfel im Dezember.
Stefanischyna ist sichtlich verärgert, wie sehr Orbán die Diskussion dominiert. "Es kann nicht sein, dass sich die gesamte Debatte um Ungarn dreht", sagt sie. Sie hoffe, dass "die anderen Mitgliedsstaaten dieses Spiel nicht mitspielen". Auch, weil die Ukraine an denselben Maßstäben gemessen werde, die auch für Ungarn gelten sollten, wie sie sagt: Derzeit hat die EU ja 22 Milliarden an Fördergeldern für Ungarn eingefroren – wegen massiver rechtsstaatlicher Bedenken.
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Milliardenzahlungen
Beobachter sind darum auch der Meinung, bei der Blockade gehe es Orbán wohl eher um die ausstehenden Milliarden als um das, was er konkret von der Ukraine will: die Verbesserung der Rechte der ungarischen Minderheit in Transkarpatien.
Die Milliarden, die Österreich noch an Russland zahlt, waren bei dem Besuch offiziell kein Thema. "Blutgeld" hatte EU-Kommissionsvertreter Martin Selmayr sie kürzlich genannt – und handelte sich prompt massive Kritik ein. Ein Blick auf die Zahlen lässt jedoch einen Vergleich zu: 9,62 Milliarden Euro hat Österreich seit Beginn der Invasion an Russland überwiesen – 13-mal mehr, als die Ukraine bisher an Hilfszahlungen erhalten hat.
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