Überraschungscoup von Kolumbiens Trump bei Präsidentschaftswahl

Überraschungscoup von Kolumbiens Trump bei Präsidentschaftswahl
Der Rechtspopulist Hernandez mit Sympathien für Adolf Hitler demütigte die traditionellen Konservativen und tritt in Stichwahl gegen den ehemaligen linken Guerillero Petro an.

Vor Kurzem war er gerade Insidern bekannt, und weder politische Kommentatoren noch Demoskopen hatten den Millionen-schweren Bauunternehmer Rodolfo Hernandez auf der Rechnung. Doch bei der ersten Runde der Präsidentschaftswahl in Kolumbien überraschte der 77-Jährige am Sonntag alle: Zwar hatte der Linkskandidat Gustavo Petro (62) mit 40 Prozent Zustimmung erwartungsgemäß die Nase vorne, doch als Herausforderer wird er es bei der Stichwahl in drei Wochen eben mit dem Immobilien-Tycoon zu tun bekommen (28 %) und nicht mit dem klassischen Konservativen Federico Gutierrez (24 %) – eine schallende Ohrfeige für die traditionelle Rechte.

Als Trump Kolumbiens verbindet den Parteilosen viel mit dem Ex-US-Präsidenten: Beide machten ihren Reichtum in der Immobilienbranche, beide punkteten mit einem Anti-Establishment-Wahlkampf. Hernandez nannte Vertreter der politischen Elite seiner Heimat gar „Diebe“. Er wolle jedenfalls scharf gegen die grassierende Korruption vorgehen – dabei laufen gegen ihn selbst Ermittlungen wegen Bestechlichkeit. Wie alle Rechtspopulisten weltweit kontert der frühere Bürgermeister der Großstadt Bucaramanga damit, dass ihm seine politischen Gegner bloß am Zeug flicken wollten.

Überraschungscoup von Kolumbiens Trump bei Präsidentschaftswahl

Der Linkskandidat Gustavo Petro

Wie der etwa gleich alte Donald Trump (dieser ist 75 Jahre) strotzt die Rhetorik des Präsidentschaftskandidaten vor sexistischen und mitunter rassistischen Untergriffen. 2016 bezeichnete er sich in einem Interview „als großen Anhänger des deutschen Denkers Adolf Hitler“.

"Nicht viel Spielraum"

Trotzdem hat der Mann gar nicht so schlechte Chancen, nächstes kolumbianische Staatsoberhaupt zu werden. Denn der Drittplatzierte Gutierrez hat seine fünf Millionen Wähler bereits dazu aufgerufen, im Juni für Hernandez zu votieren. „Es gibt nicht viel Spielraum, wo Petro noch zulegen kann“, sagt Yann Basset von der Uni Rosaria in der Hauptstadt Bogota zum Handelsblatt. Zumal sich nicht nur die konservativen Eliten und die Unternehmer (die extreme Rechte sowieso), sondern auch andere unterlegene Kandidaten hinter den Mann ohne klares Programm stellten. Und: Im ersten Durchgang erzielten Hernandez und Gutierrez gemeinsam die absolute Mehrheit von 52 Prozent der Stimmen.

Hintergrund: In Kolumbien hat es noch nie ein linkes Staatsoberhaupt gegeben. Das Land ist tief konservativ geprägt nach dem Jahrzehnte andauernden Bürgerkrieg gegen eine marxistisch-kommunistische Guerilla. Dieser, der Bewegung „M 19“, gehörte in seinen Jugendjahren auch Petro an. Jetzt versprach er ein Ende der sozialen Ungleichheit.

Doch seine politischen Gegner malten das Gespenst einer linken Diktatur wie in Venezuela an die Wand. Der 19. Juni wird es weisen, ob die Kolumbianer für eine historische Zäsur stimmen oder einen unberechenbaren Populisten bevorzugen.

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