TV-Duell: "Unentschieden" motiviert beide Lager
Wie alle Fernsehduelle der deutschen Spitzenkandidaten seit 2002 hatte auch jenes zwischen CDU-Kanzlerin Angela Merkel und ihrem SPD-Herausforderer Peer Steinbrück zwei Sieger: Beide Lager und deren Medien sahen sich danach klar im Vorteil und wussten das auch wortreich bis überschwänglich zu begründen.
Vorschub leisteten ihnen die Blitzumfragen: Während CDU-Chefin Angela Merkel in der ZDF-Befragung klar und bei RTL hauchdünn vorn lag, hatte in der ARD-Erhebung Steinbrück eindeutig gewonnen.
Aus Letzterer bezog vor allem das bisher verzagte linke Lager neue Hoffnung: Zwar ist die Chance von Steinbrück und seiner SPD auf ein Aufholen des gigantischen Umfragen-Abstands zur CDU Merkels in den verbleibenden drei Wahlkampfwochen weiter gleich null. Doch mit Steinbrücks Seher-Vorsprung bei bisher Unentschlossenen hofft die SPD nun zumindest auf eine bessere Ausgangslage in Koalitionsverhandlungen. Und das Ausbleiben einer neuen Parteikrise nach einer weiteren historischen Niederlage am 22. September.
Wenig Sachliches
Viel intensiver als diese Themen beurteilten die Medien am Tag danach die äußere Performance der zwei Kontrahenten und ihrer Fragesteller. Auch da liefen die Noten auf ein „Unentschieden“ hinaus, dessen Folgen je nach Geschmack zugunsten von Merkel oder Steinbrück ausgelegt wurden.
Fast skurril wurde die Analyse der Wirkungsinterpreten bei der Körpersprache. So etwa ließ das Handelsblatt seinen Experten Merkel zuletzt als ehrlicher und damit glaubwürdiger dastehen, der ebenso bürgerliche Focus hingegen Steinbrück.
Insgesamt war die Erleichterung über das Ausfüllen der Herausforderer-Rolle in dessen erstem Auftritt auf Augenhöhe mit Merkel groß. Vor allem natürlich in seinem Lager. Er sei „mehr denn je motiviert“, versicherte Steinbrück den gratulierenden Genossen beim wohlverdienten Bier danach.
Im Merkel-Lager hingegen herrschte wohlige Zuversicht, dass „Mutti“ ihren ruhigen Stil „wieder voll rüberbrachte“ – gestützt auch auf die Umfragen danach, die sie in den entscheidenden Kriterien als „kompetenter“, „glaubwürdiger“ und „sympathischer“ zeigten.
Halskette und Raab
Vor allem aber mit der „erfrischenden Rolle“ des erstmals als Frager eingeschleusten Privatsender-Entertainers Stefan Raab. Seine prollige Sprache und sein bewusst ruppiges Auftreten wurde von fast allen, nicht nur dem Boulevard, begrüßt: Der saloppe 46-Jährige und sein vorlauter Stil gelten als perfekt jugendlich.
Offenbar nicht zu Unrecht: Dieses Duell sahen gut eine Million Deutsche mehr als das letzte und auch kaum spannendere 2009.
Das deutsche Kanzlerduell hat in Deutschland gute Quoten eingefahren: Mit insgesamt 17,64 Mio. Sehern auf allen fünf ausstrahlenden Sendern war es das zweitstärkste Kanzlerduell in der deutschen TV-Historie. Nur das Duell zwischen Gerhard Schröder und Angela Merkel im Jahr 2005 lief besser: Damals waren es 20,98 Mio. Seher. Stärkster Sender heuer war die ARD (10,11 Mio. Zuseher), gefolgt vom ZDF (3,71 Mio.).
In Österreich haben Merkel und Steinbrück sogar das eigene Kanzlerduell vom Montagabend auf Puls4 überflügelt: 320.000 Seher verfolgten die Konfrontation zwischen Kanzlerin und ihrem Herausforderer auf den vier hierzulande relevanten Sendern ARD, ZDF, RTL und ProSieben (fünfter übertragender Sender war Phoenix). Damit hängte das TV-Duell das erste heimische Gipfeltreffen bemerkenswerterweise ab: Im Schnitt waren auf Puls4 am 26. August nur 286.000 Seher dran.
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