Türkei-Verhandlungen: Kern verteidigt die Linie von Kurz

Medienvertreter werden Kanzler Kern kritisch zur Türkei-Haltung befragen
Der Streit über die Beitrittsgespräche mit der Türkei überschattet das heutige Treffen der EU-Staats- und Regierungschefs.

Erleichtert dürfte Bundeskanzler Christian Kern wohl das Einladungsschreiben zum EU-Gipfel gelesen haben: Beitrittsverhandlungen mit der Türkei stehen nicht auf der Tagesordnung.

Trotzdem: Die Blockadehaltung "seines" Außenministers Sebastian Kurz, der ein Einfrieren der Gespräche fordert, ist vielen EU-Granden unverständlich, sie verlangen Antworten vom Kanzler. Selbst Kerns Parteifreund, Deutschlands Chefdiplomat Frank-Walter Steinmeier, sprach von "nicht verantwortungsvoller Außenpolitik".

Wirtschaft gegen Eiszeit mit Türkei

Doch alle, die auf Antworten des Kanzlers warten, werden enttäuscht sein. Er verteidigt Kurz. "Im Sinne der europäischen Grundwerte gibt es derzeit keine Möglichkeit für einen Beitritt." Der Beitritt sei jetzt zwar nicht die Frage, dennoch betonte er gestern, dass "die Bundesregierung die Linie des Außenministers teilt". Die Türkei sei aber ein wichtiger Partner bei Migration und Wirtschaft. Vertreter der Wirtschaft, wie der Brüssel-Repräsentant der Industriellenvereinigung, Gernot Haas, plädierten dafür, "die Gespräche mit der Türkei nicht abzubrechen".

Der Streit über die Türkei-Beitrittsverhandlungen wird den EU-Gipfel überschatten. "Wir wandern auf einem Minenfeld", sagt ein EU-Diplomat.

Für Sprengstoff dürfte auch der Punkt "Migrationspolitik" sorgen: Ungarn und Italien fordern, die Umverteilung von Flüchtlingen, die ja ohnehin schlecht funktioniert, zu stoppen und dafür Aufnahmezentren in Nordafrika zu errichten. "Wir werden Italien in der Flüchtlingskrise nicht alleine lassen", versprach EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker.

Brisant könnte auch die Frage der ungelösten EU-Beziehungen zu der Ukraine werden. Die Niederlande haben sich in einem Referendum gegen die Unterzeichnung des EU-Assoziierungsabkommens mit der Ukraine ausgesprochen. Das Abkommen kann vollinhaltlich erst umgesetzt werden, wenn die Regierung in Den Haag den Pakt ratifiziert. Dafür will die EU den Niederlanden zusichern, dass der Vertrag der Ukraine nicht den Weg in die EU öffnet. Die Niederlande wählen im März ein neues Parlament, die Partei des Rechtspopulisten Geert Wilders führt in den Umfragen. Das erklärt die Haltung der Niederlande vis-à-vis der Ukraine.

Verteidigungsunion

Mehr Konsens wird es bei der Frage des Aufbaus der Verteidigungsunion geben. Bis auf Großbritannien, das ja austreten will, befürworten alle Länder eine gemeinsame Verteidigungspolitik.

Hitzig dürfte die Debatte über Syrien und Russland werden. Angesichts der Kämpfe um Aleppo sollen Angriffe auf Zivilisten und Krankenhäuser verurteilt werden. Im Entwurf für die Schlusserklärung wird ausdrücklich Russland erwähnt – mit dem schwachen Zusatz, "die EU hält sich alle Optionen offen". Einigkeit gibt es über die Verlängerung der Russland-Sanktionen.

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