Türkei: Fälle von Folter in Polizeigewahrsam dokumentiert
Angesichts von Foltervorwürfen während des Ausnahmezustands in der Türkei hat die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch (HRW) der türkischen Führung Tatenlosigkeit vorgeworfen. Zugleich müsse die Regierung Schutzmaßnahmen gegen Folter wieder in Kraft setzen, forderte die Organisation in einem am Dienstag veröffentlichten Bericht.
Nach dem gescheiterten Putsch im Juli
Darin dokumentiert HRW 13 Fälle von Folter und Misshandlung in Polizeigewahrsam nach dem Putschversuch vom 15. Juli. Für den gescheiterten Putsch macht die Türkei den in den USA lebenden Prediger Fethullah Gülen verantwortlich und geht per Notstandsdekret gegen mutmaßliche Anhänger vor.
Indem die Regierung solche "Schutzmaßnahmen gegen Folter" ausheble, stelle sie den Behörden einen "Blankoscheck" aus, um "Inhaftierte zu foltern und zu misshandeln, wie sie wollen", sagte Hugh Williamson, Direktor der Europa und Zentralasien Abteilung.
Geschlagen, gedroht, sexuell missbraucht
HRW dokumentiert in dem Bericht Foltervorwürfe in Polizeigewahrsam in der Hauptstadt Ankara, in Istanbul, Urfa und Antalya. Demnach wurden die Insassen mutmaßlich geschlagen, sexuell missbraucht, in schmerzhaften Positionen gehalten und Vergewaltigung von Verwandten angedroht. In mehreren Fällen habe die Polizei damit offenbar Geständnisse erpressen wollen. Einige Insassen seien wegen des Vorwurfs der Gülen-Unterstützung festgenommen worden, andere wegen mutmaßlicher Unterstützung der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK). HRW beruft sich dabei auf Aussagen ehemaliger Insassen, Anwälte und Ärzte.
Opfer schildern die Folter
Ein Insasse in Istanbul berichtete demnach seinem Anwalt: "Sie rissen mir die Kleider vom Leib und zerrissen sie. Sie drohten mir, während sie meine Sexualorgane quetschten, und schlugen mich auf widerwärtige Weise. Einer sagte, ich habe deine Mutter hierher gebracht und vergewaltige sie vor dir, wenn du nicht redest."
Ein Lehrer in Antalya sei so stark geschlagen worden, dass ein Stück des Dünndarms entfernt werden musste, heißt es weiter in dem Bericht. In vielen Fällen werde den Insassen die Konsultation eines eigenen Anwalts verweigert. Stattdessen würden Pflichtverteidiger eingesetzt, die oft unerfahren seien und sich leicht einschüchtern ließen. Ärzte seien zudem dazu gezwungen worden, Berichte zu unterschreiben, in denen Folter und Misshandlung verschwiegen werde.
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