Trumps Ukraine-Affäre: Die Spur führt nach Wien

Trumps Ukraine-Affäre: Die Spur führt nach Wien
Schmutzwäsche gegen Lobbying. Wie Trumps Mann fürs Grobe einen in Wien festsitzenden Oligarchen als Informanten anwarb

Das Gekritzel auf einem hauseigenen Notizblock des Ritz Carlton ist auf den ersten Blick nicht wirklich aussagekräftig. Da ist vor allem von schwer verständlichen Anweisungen für einen gewissen „Joe“ und eine „Victoria“ zu lesen. Spannender wird der Inhalt der vier Zettel aus dem Wiener Nobelhotel erst, wenn man weiß, dass der Mann, der sie schrieb, erstens wenige Wochen später von den US-Behörden verhaftet wurde und zweitens inzwischen der möglicherweise wichtigste Kronzeuge im Amtsenthebungs-Verfahren gegen Donald Trump ist: Lev Parnas. Die Zettel haben die US-Demokraten offiziell als Beweismaterial vorgelegt.

Trumps Ukraine-Affäre: Die Spur führt nach Wien

Giulianis Wien-Verbinder: Lev Parnas

 

 

Der in der Ukraine geborene Geschäftsmann war nämlich in Wien, um mit einem seiner reichsten und politisch umstrittensten Landsleute in Kontakt zu treten: Dmitri Firtasch.

Juristischer Krieg

Der Gas-Oligarch mit mutmaßlich besten Kontakten zum Kreml hat seit langem einen Wohn- und Geschäftssitz in Wien. Seit sieben Jahren aber existiert ein US-Haftbefehl gegen ihn, wegen Verdachts auf Korruption und Mitgliedschaft in einer kriminellen Organisation. Firtasch wurde 2014 in Wien vorübergehend festgenommen. Seiner Auslieferung in die USA hat er sich seither erfolgreich widersetzt. Der juristische Krieg gegen die Anklage in den USA aber ist noch lange nicht ausgestanden.

Informationen aus Wien

Genau dafür bot ihm nun jemand politische Unterstützung an: Rudy Giuliani. Der ehemalige New Yorker Bürgermeister ist einer von Trumps engsten Vertrauten und dessen Berater und Drahtzieher in allen juristisch heiklen Angelegenheiten, so auch in der Ukraine-Affäre, Anlass für das Amtsenthebungs-Verfahren. Darin geht es ja um den Versuch Trumps, aus der Ukraine belastende Informationen über Ex-Vizepräsident Joe Biden und Sohn Hunter zu bekommen.

Lobbying im Rechtsstreit

Giuliani war unterwegs, um an solche Informationen zu kommen. Und eine der Quellen, auf die der Anwalt hoffte, war Firtasch in Wien. Giuliani schickte zwei Verbindungsleute aus, den gebürtigen Weißrussen Igor Fruman und eben Lev Parnas. Von letzterem stammt ja das Gekritzel aus dem Wiener Ritz Carlton. Die darauf erwähnten Namen Joe und Victoria sind laut US-Medien die Vornamen von zwei US-Anwälten, die Firtasch beim US-Rechtsstreit unterstützen sollten.

Victoria Toensing und Joseph Genova sind beide bestens in Kreisen rund um Trump und andere einflussreiche US-Republikaner vernetzt. Sie sollten sich, so wird in US-Medien spekuliert, für Firtasch einsetzen. Genau darauf sollen die Zettel aus Wien eindeutige Hinweise liefern. Firtasch bestätigt gegenüber der New York Times, dass ihm die Anwälte tatsächlich empfohlen worden seien. Mit der Suche nach schmutzigen Fakten über die Bidens aber will er nie konfrontiert worden sein.

Flug kurzfristig abgeblasen

Nachdem Giulianis Vorhut mehrfach auf dieser Mission in Wien unterwegs gewesen war, wollte er sich im Oktober selbst auf den Weg machen. Er blies den Flug kurzfristig ab. Am Tag zuvor waren die beiden Mittelsmänner verhaftet worden, als sie sich wieder auf den Weg nach Wien machen wollten: Wegen illegaler Wahlkampffinanzierung.

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