Trumps Speed-Dating auf dem G20-Gipfel
Klimawandel, Plastikmüll in den Weltmeeren, Umgang mit alternden Gesellschaften: Die offizielle Themenliste für den G-20-Gipfel im japanischen Osaka liest sich ambitioniert. Doch beim Gastgeberland geht die Sorge um, dass „Streitigkeiten zwischen Nationen erhebliche Aufmerksamkeit erfordern“. Im Mittelpunkt der meisten dieser Streitigkeiten steht wieder einmal ein Mann: US-Präsident Donald Trump. Der deklarierte Gegner multilateraler Beziehungen wird den Gipfel der ohnehin schwächelnden G-20 vor allem dazu nützen, um seine Konflikte auszutragen, allen voran den mit China. Trump hat schon vor dem Gipfel weitere schwelende Konflikte gezielt angeheizt. So attackierte er Indien wegen der Zollschranken für US-Güter und Deutschland, weil es Erdgas aus Russland importiere: „Sie bezahlen einen potenziellen Feind“.
Xi Jinping, China
Der mächtigste Mann im Reich der Mitte seit Staatsgründer Mao Zedong will sein Land zur führenden Wirtschaftsnation der Welt machen (derzeit hinter den USA Platz zwei). Donald Trump hält dagegen und hat chinesische Waren im Wert von 200 Milliarden US-Dollar bereits mit 25-prozentigen Importzöllen belegt. Die Drohung von weiteren Importzöllen für Produkte im Wert von 300 Milliarden Dollar steht im Raum. Zudem ist Washington verärgert über die Aktivitäten von Präsident Xi im Südchinesischen Meer. Hier geht es um territoriale Ansprüche (damit verbunden Bodenschätze) und die militärische Hegemonie in der Region.
Wladimir Putin, Russland
Zwischen Washington und Moskau gibt es jede Menge Konfliktpunkte: In Syrien sorgte Russland für den Machterhalt von Präsident Assad, den die USA weghaben wollten. Die Annexion der ukrainischen Krim durch Putins Truppen, die völkerrechtlich illegitim ist, wird auch von den USA verurteilt. Auch dass sich Präsident Putin über pro-russische Separatisten in der Ostukraine festsetzen will, gilt in Washington (und nicht nur dort) als No-Go. Dazu kommen Streitigkeiten über Abrüstung, was zur wechselseitigen Aufkündigung des INF-Vertrages führte, der das System der nuklearen Mittelstreckenraketen regelte. Weiterer Streit: Die Beeinflussung der US-Wahlen.
Angela Merkel, Deutschland
Dass sich die Kanzlerin und Trump nicht grün sind, zeigte sich von Anfang an. Da verweigerte der US-Präsident auch schon mal demonstrativ den Handschlag. Aber auch inhaltlich knirscht es. Allen voran sind die USA sauer auf das reiche Deutschland, das die NATO-Zielvorgabe, zwei Prozent des BIPs für Verteidigungsausgaben zu stellen, bei Weitem nicht erreicht (rund 1,2 Prozent). Auch die deutsche Automobilindustrie hat Trump ins Visier genommen – er droht mit massiven Einfuhrzöllen. Dass Berlin lieber auf russisches Erdgas setzt (mit der Direkt-Pipeline North Stream 2) als auf US-Petro-Produkte, lässt Trump immer wieder toben.
Recep Tayyip Erdoğan, Türkei
Die USA sind verärgert, weil der NATO-Partner das russische Raketenabwehrsystem S-400 anschaffen will. US-Militärs vermuten, dass der Kreml über diese Abwehr an Daten über die Fähigkeiten der neuen F-35-Tarnkappenbomber gelangen könnte. Die Türkei soll selbst 100 dieser Jets bekommen. Nun droht aber Washington mit dem Ausschluss Ankaras aus dem Programm Ende Juli. Auch in Syrien liegen einander Präsident Erdoğan und Trump in den Haaren: Während die USA die syrischen Kurden als Bollwerk gegen den IS unterstützen, war die Türkei knapp daran, gegen die kurdischen „Terroristen“ jenseits der Grenze militärisch vorzugehen.
Narenda Modi, Indien
Wie er mit dem nationalistischen indischen Premier umspringen will, hat Trump ja schon vor dem Gipfel deutlich gemacht. Die nächste Breitseite im ständig eskalierenden Handelskrieg mit Indien ist bereits angedroht. Eigentlich gilt Indien ja seit der Bush-Ära als wichtiger US-Verbündeter. Auch Trump hat sich um Indien, das als Handelspartner immer wichtiger wird, bemüht. Allerdings ärgert sich der US-Präsident nicht nur über Indiens Handelspolitik, sondern auch über dessen Beziehungen zum Iran. Indien ist einer der wichtigsten Importeure iranischen Öls und investiert viel in das Land.
Mohammed bin Salman, Saudi-Arabien
Der Kronprinz, der eigentlich starke Mann im Wüstenstaat, ist im Nahen und Mittleren Osten (neben Israel) der wichtigste Verbündete Trumps gegen den Iran. Gemeinsam wollen sie die Mullahs in die Knie zwingen, dann soll Riad die alleinige Vorherrschaft in der Region übernehmen. Zugleich sieht Trump in Saudi-Arabien eine Geldquelle: Rüstungsgeschäfte über 8,1 Milliarden Dollar liegen in der Pipeline. Doch trotz republikanischer Mehrheit hat der US-Senat gegen die Verkäufe gestimmt – wegen wiederholter Menschenrechtsverletzungen. Trump ist das egal: Er hat sein Veto angekündigt
Shinzo Abe, Japan
Zumindest eine Leidenschaft teilt Trump mit dem japanischen Premier: Golf. Doch so oft sie auch schon gemeinsam Zeit am Court verbracht haben, Trump hält nichts von Abes Sinn für internationale Zusammenarbeit. So stellt er sich bei allen dessen Vorschlägen, die USA doch in ein pazifisches Bündnis einzugliedern, taub. Auch der Versuch Abes, im Konflikt mit dem Iran zu vermitteln, scheiterte. Trump sieht das Auto- und Hightech-Land Japan – ähnlich wie Deutschland – als wirtschaftliche Bedrohung, der man mit Strafzöllen und Handelsschranken entgegentritt.
Scott Morrison, Australien
Der rechtsliberale Premier hat von Trump bereits reichlich Vorschusslorbeeren für seine beinharte Einwanderungspolitik bekommen. Schließlich hat Morrison einst als Einwanderungsminister das Motto „Stoppt die Schiffe“ geprägt. Morrison war verantwortlich für die Strategie, Flüchtlingsboote bereits auf hoher See vor Australien zu stoppen und die Insassen auf Inseln in Papua-Neuguinea zu kasernieren. Für den US-Präsidenten ist das eine Politik, von der „wir viel lernen können“. Er sieht sich mit Morrison, der als extrem ehrgeiziger politischer Opportunist gilt, auf einer Linie.
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