Trumps Aufrufe zur Gewalt und sonstige Rundumschläge vergraulen Wähler

Fani Willis hat Angst. Angst vor Donald Trump. Seit der Ex-US-Präsident seine Anhänger am Wochenende unverhohlen zu Protesten gegen die Justizbehörden aufgestachelt hat, ist die Bezirksstaatsanwältin aus Fulton County im Bundesstaat Georgia in Sorge um ihre körperliche Unversehrtheit. Sie hat, ein Novum, deshalb die Bundespolizei FBI um Schutz gebeten. Willis, eine Afroamerikanerin, steht an vorderster Front der Trump-Attacken.
Gegen ihn ermittelnde Ankläger seien „radikal, bösartig, rassistisch und geisteskrank“, sagte der Ex-Staatschef vor Anhängern bei einer Kundgebung in Texas. Weil der Rechtspopulist in Georgia den damaligen Wahlleiter Brad Raffensberger am Telefon vergeblich dazu gedrängt hatte, nach der Präsidentschaftswahl im November 2020 nachträglich rund 12.000 Stimmen aufzutreiben, damit der Südstaat nicht an Joe Biden gehe, wird Willis eine Geschworenen-Jury einberufen. Sie könnte, Trump weiß das, den 45. Präsidenten verurteilen.
Auch in New York und Washington D.C. untersuchen Staatsanwälte möglicherweise strafrechtlich relevantes Fehlverhalten des New Yorker Unternehmers. Es geht um etwaigen Steuerbetrug in Trumps Konzern. Und um seine ideelle Urheberschaft für den tödlichen Sturm auf das Kapitol in Washington am 6. Jänner 2021. Hunderte Trumpianer wollten damals die Anerkennung des Wahlsieges von Biden im Kongress mit Gewalt verhindern. Auch deswegen ist Fanni Willis „berechtigterweise um ihre Sicherheit besorgt“, sagte ein Analyst dem Sender MSNBC.
Der parlamentarische Untersuchungsausschuss zur Erstürmung des US-Kapitols im Jänner 2021 hat nun offenbar Dokumente des Weißen Hauses erhalten, die vom früheren Präsidenten Donald Trump zerrissen worden waren. Das Nationalarchiv verwies am Dienstag gegenüber der Nachrichtenagentur AFP auf Medienberichte seit dem Jahr 2018, wonach Trump die Angewohnheit hatte, Dokumente zu zerreißen. Mitarbeiter des Weißen Hauses mussten die Unterlagen dann angesichts der gesetzlichen Aufbewahrungspflicht wieder zusammenklebten.
In Umfragen hält der nach einer Amtszeit abgewählte Trump immer noch die Pole-Position bei potenziellen republikanischen Bewerbern für die Wahl in zwei Jahren. Aber die Zustimmung schwindet, teilweise um mehr als 25 Prozentpunkte, etwa bei Weißen ohne Hochschulabschluss.
Mitch McConnell, republikanische Schlüsselfigur und Intimfeind des Ex-Präsidenten, führt das auf Trumps unerbittlichen Feldzug gegen die ihm angebliche „gestohlene“ Wahl 2020 zurück. Ein Vorwurf, der durch 60 Gerichtsurteile bis hin zum Supreme Court komplett widerlegt ist. Abhaken, nach vorne schauen, bürgernahe Zukunftsthemen besetzen, dazu rät der Senator aus Kentucky.
Gegenwind
Trump aber ist im Gestern eingemauert. Sein ganzes Tun ist seit einem Jahr darauf ausgerichtet, die Wahl 2020 als illegitim erscheinen zu lassen. Jeder Republikaner, der nicht in den Chor einstimmt, wird mit Gegenkandidaten abgestraft.
Das droht nun auch Asa Hutchinson, dem die Spaltung des Landes zu schaffen macht. Der republikanische Gouverneur des Bundesstaates Arkansas sagt: „Donald Trump sollte nicht mehr dieses Land und die republikanische Partei führen.“ Republikanische Gouverneurskollegen wie Larry Hogan (Maryland) und Doug Ducey (Arizona) stimmen ihm dabei uneingeschränkt zu.
Trump spürt den Gegenwind. Und versucht, wie immer, die Straße für sich zu mobilisieren. In Texas versprach er den zum Teil zu mehrjährigen Haftstrafen verurteilten Gewalttätern vom 6. Jänner (über 700 Verfahren sind noch anhängig) für den Fall seines Wiedereinzugs ins Weiße Haus präsidiale Begnadigungen. Im republikanischen Establishment geht das vielen zu weit.
Kommentare