Warum der Zoll-Deal zwischen Trump und Von der Leyen ins Chaos schlittert

FILE PHOTO: EC President von der Leyen is pictured with US President Trump in Scotland
In der von den USA und Europa getroffenen Vereinbarung tun sich immer mehr Löcher, Widersprüche und Unklarheiten auf. Das Ultimatum läuft aber ab.

„Wann, wie, mit welchen Ausnahmen...ich kann es Ihnen leider nicht genau sagen“: Olof Gil, Sprecher der EU-Kommission in Sachen Handel wusste sich vor den Journalisten einfach nicht mehr zu helfen. Die bombardieren ihn mit einer Lawine an Fragen zum sogenannten „Deal“ zwischen Ursula von der Leyen und Donald Trump. Denn seit dem Handshake der beiden am Sonntag in Schottland und einer kurzen aber pompösen Verkündigung eines „größten Deals aller Zeiten“ löst sich der mit bedrohlichem Tempo in Luft auf.

Einen Tag vor dem Ablauf des Ultimatums, das Trump der EU für ein Zoll-Abkommen gestellt hatte, wird immer unklarer, für welche Waren dieses Abkommen eigentlich gelten soll. Die begleitenden Einigungen - ebenso groß verkündet - über angebliche Käufe von Erdgas, oder Waffen durch die EU haben sich ohnehin bereits als nicht realisierbar, oder sogar als völlig aus der Luft gegriffen herausgestellt.

Ob Stahl, oder Schnaps

Inzwischen aber bleibt auch die Frage, für welche Waren die angeblich fix vereinbarten Zollsätze von 15 Prozent gelten sollen, in vielen Fällen unbeantwortet. Eine seit Tagen erwartete schriftliche Erklärung über die Details der Einigung ist weiter ausständig. Wann sie veröffentlicht wird? „Sollte bald sein“, mehr kann der Sprecher nicht sagen.

Fallen etwa Wein und andere alkoholische Getränke in die Zollregelung, oder sind sie ausgenommen? Darüber wird im Hintergrund zwischen den Verhandlern offensichtlich heftig gestritten. Die angeblich geschlossene Front der EU-Staaten löst sich auf. Frankreich, so berichtet die Financial Times versuche im Alleingang seinen Champagner von den US-Zöllen zu befreien.

Andere Länder wie Deutschland ringen um ganz andere Regelungen, etwa jene für Stahl und Aluminium. Da hatten die USA eigentlich eine Quotenregelung in Aussicht gestellt. Anders formuliert: Erst ab einer gewissen Menge für die von Trump zuletzt verhängten US-Zölle von 50 Prozent gelten. Davon will Washington jetzt nichts mehr wissen: „Die EU wird auch weiterhin 50 Prozent bezahlen.“

Noch heikler ist die Zollfrage für eine andere Schlüsselbranche der deutschen Wirtschaft: Der Pharmaindustrie. Seit Monaten schlugen die Medikamentenhersteller Alarm: Ihr USA-Geschäft werde unter US-Zöllen in jeglicher Höhe leiden. Aber für welche Medikamente gelten die? Auch das ist zwischen den Verhandlungspartnern völlig ungeklärt. Die USA sprechen von fix beschlossenen Zollsätzen von 15 Prozent, die Europäer von Ausnahmen für einige Medikamentenklassen. Eine Untersuchung, welche importierten Medikamente für die USA essenziell seien, welche aber im Gegenzug sogar die nationale Sicherheit gefährden könnten, sei ausständig, meinen EU-Verhandler, ihre US-Kollegen wollen davon nichts wissen.

„Noch viele Kuhhändel“

Dass der vermeintliche Deal viel zu viel im Unklaren lässt, macht sogar US-Handelsminister Howard Lutnick deutlich – nicht ohne dabei die EU zu demütigen. „Ja, klar, die haben mich angerufen“ erzählte er mit einem Grinsen dem US-Sender CNBC. Auf die Frage, ob er mit weiteren Gesprächen mit den Europäern rechne, meinte Lutnick schnippisch: „Wir haben noch eine Menge Kuhhändel abzuwickeln.“

Auch wie diese Kuhhändel aussehen könnten, deutete der Minister an, vor allem aber, welche roten Linien dabei noch überschritten werden könnten: „Digitale Dienstleistungen, und diese Attacken gegen unsere Tech-Unternehmen - das kommt sicher noch auf den Tisch.“ Genau das aber hat die EU-Kommission konsequent als nicht verhandelbar bezeichnet. Die vor zwei Jahren beschlossenen EU-Gesetze für Digitale Dienstleister – also Google, Instagram, oder Apple – würden auf keinen Fall aufgeweicht. Dass die US-Seite jetzt genau das wenige Tage nach der vermeintlichen Einigung wieder in Frage stellt, lässt die EU unbeeindruckt - zumindest offiziell: „Wir werden unsere Regeln nicht ändern, wir verzichten nicht auf unsere Rechte.“

Hinter den Kulissen in Brüssel dagegen herrscht Entsetzen. Man bereitet sich sogar auf eine Fortsetzung des Zollkrieges vor. Die EU-Maßnahmen gegen die USA, so berichten EU-Diplomaten, seien einsatzbereit.“

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