Trumps Plan verlangt Kapitulation von Kiew – und birgt einen erneuten Kriegsgrund

Ukraine's President Zelenskiy visits Washington, D.C.
Trumps mit Russland ausgehandelter Ukraine-Plan fordert massive Zugeständnisse von Kiew. Alte Überlegungen fehlen, Europa spielt im Plan so gut wie keine Rolle.

Acht Punkte mehr als sein "Friedensplan" für Gaza hat Donald Trumps neuester Vorschlag, wie der Krieg in der Ukraine beendet werden soll. Der angeblich im Geheimen von der US-Regierung und Moskau ausgehandelte Plan verlangt enorme Zugeständnisse der Ukraine wie Gebietsabtretungen und Abrüstung; für Kiew würde das im Grunde die Kapitulation bedeuten. 

Deutschland nennt den Plan "verstörend", in Polen hofft man, dass "nicht dem Opfer Beschränkungen seiner Verteidigungsfähigkeit auferlegt werden, sondern dem Aggressor." Grund zur Sorge bietet auch, dass Russland bei ungünstigen Landgewinnen in Zukunft nicht davor abschrecken würde, die Ukraine erneut anzugreifen.

Was bedeutet der Plan für die besetzten Gebiete?

Die Ukraine soll Gebiete abtreten: Moskau soll die Oblaste Donezk und Luhansk, also den gesamten Donbass, bekommen – obwohl es diesen bisher nicht gänzlich erobern konnte. Die Ukraine kontrolliert laut einer Analyse des Institute for the Study of War immer noch etwa 14,5 Prozent des Gebiets. In den beiden anderen von Russland teilweise besetzten Regionen Cherson und Saporischschja soll die Frontlinie eingefroren werden, Russland soll vorbehaltlich von Verhandlungen einige Gebiete zurückgeben. Welche, das ist den Berichten nicht zu entnehmen.

Russland soll im Donbass keine Truppen stationieren dürfen, Russisch soll in der Ukraine als Staatssprache anerkannt und die von der Kiew verbotene, moskautreue orthodoxe Kirche wieder zugelassen werden.

Was sieht der Plan sonst vor?

Kiew muss sich bereiterklären, die Größe seines Militärs zu halbieren und seine Langstreckenwaffen aufzugeben. Die US-Waffenlieferungen und -Militärhilfen würden eingestellt – im Gegenzug für US-Sicherheitsgarantien. Was genau diese beinhalten, etwa eine Unterstützung bei der Verteidigung gegen einen erneuten Angriff Russlands, ist allerdings unklar. Zuletzt hatte Trump die Europäer dazu gebracht, Kiew militärisch stärker zu unterstützen als es die USA tun (mit rund 95 Milliarden Dollar im Vergleich zu 75 Milliarden Dollar aus Washington), die meisten gelieferten Waffen werden jedoch weiterhin in den USA hergestellt.

Welche bisher angedachten Punkte fehlen?

Trump hat im April bereits, nach dem Treffen zwischen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskij am Rande der Trauerfeier für Papst Franziskus in Rom, mit einem ähnlichen Plan aufhorchen lassen. Dieser beinhaltete noch, dass Russland auch Teile der Regionen Cherson und Saporischschja kriegen sollte.

Was der Plan im Gegensatz zu früheren Überlegungen nicht vorsieht: eine ausländische Friedenstruppe, die die Grenze sichern soll. Etwas, das Russland genauso wie einen NATO-Beitritt der Ukraine vehement abgelehnt hatte. 

Wer hat den Plan ausgearbeitet? 

Offiziell ist von den USA und Russland die Rede; möglich, dass Katar und die Türkei den Plan an Selenskij herangetragen haben. Die Türkei hat sich wiederholt als Vermittler für Verhandlungen positioniert, Selenskij war am Mittwoch in der Türkei bei Präsident Recep Tayyip Erdoğan. Ein hochrangiger katarischer Beamter soll zuletzt an Gesprächen zwischen Trumps Ukraine-Sondergesandten Steve Witkoff und dem nationalen Sicherheitsberater der Ukraine, Rüstem Umerow, teilgenommen haben. Das US-Magazin Axios berichtet, Umerow sei von Selenskij bevollmächtigt worden, mit Witkoff zu verhandeln.

Aus Moskau heißt es, es gebe zwischen Russland und den USA keine neuen Vorschläge für ein Kriegsende. Trumps Plan entspricht jedoch weitgehend bekannten Forderungen Moskaus.

Das überrascht nun doch: Zuletzt überwog der Eindruck, Trump war zunehmend frustriert über Wladimir Putin – die USA hatten weitreichende Sanktionen gegen die Staatskonzerne Rosneft und Lukoil verhängt, ein bilateraler Gipfel mit Putin in Budapest wurde abgesagt.

Was sagt Selenskij dazu?

Noch nichts. Jedoch fand er lobende Worte für den US-Präsidenten: "Nur Präsident Trump und die USA haben genügend Kraft, dass dieser Krieg zu einem Ende kommt", schrieb er in sozialen Netzwerken. Allerdings üben die russische Eroberung der umkämpften Stadt Pokrowsk und der Korruptionsskandal um enge Verbündete und Geschäftspartner gerade massiven Druck auf den ukrainischen Präsidenten aus.

Selenskij traf am Donnerstag eine US-Militärdelegation in Kiew. "Der Ball liegt bei Selenskij", zitiert Axios einen US-Beamten.

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Putin und Trump beim Alaska-Gipfel im Sommer.

Und was sagt Europa?

Europäische Mitsprache gab es bei dem Plan keine. Das Vorhaben war jedenfalls Thema bei einem EU-Außenminister-Treffen in Brüssel, das am Donnerstag stattfand. Europa pocht natürlich auf eine Beteiligung an Gesprächen. "Damit ein Plan funktioniert, müssen natürlich die Ukrainer und die Europäer mit an Bord sein", sagte die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas. Der polnische Außenminister Radoslaw Sikorski fordert: "Ich hoffe, dass nicht dem Opfer Beschränkungen seiner Verteidigungsfähigkeit auferlegt werden, sondern dem Aggressor."

Unterstützung für den Plan verspricht nur das Trump-freundliche Ungarn: "Es ist eine Illusion zu sagen, die Zeit sei auf der Seite der Ukraine", sagte Außenminister Péter Szijjártó.

Könnte der Plan wirklich Frieden bringen?

Sollte es soweit kommen, dass der Plan wirklich umgesetzt würde, wird entscheidend sein, ob er für Russland eine Landverbindung zur annektierten Krim und zum Schwarzen Meer vorsieht – was einer Belohnung für Putin für seinen Krieg gleichkäme. Für die Ukraine wäre das ein herber Schlag ins Gesicht. Moskau könnte jedoch eine Gebietsaufteilung zugunsten Kiews als Grund sehen, in Zukunft erneut einen Krieg anzufangen. Ebenso ist entscheidend, ob das von Russland besetzte Atomkraftwerk Saporischschja unter russischer Kontrolle bliebe oder zurück an Kiew ginge. Beides ist derzeit den Berichten zum Plan noch nicht zu entnehmen.

Trump geht es vor allem darum, Fortschritte bei dem Abkommen zu erzielen – um sich mit einem weiteren "Friedensbeschluss" rühmen zu können. Währenddessen setzte Russland seine Angriffe fort: Am Mittwoch wurden in der ukrainischen Stadt Ternopil bei Angriffen mindestens 26 Menschen getötet, darunter drei Kinder.

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