Trump lässt offen, ob er Wahlniederlage akzeptieren wird

Trump würde man alles zutrauen
Biden sei "geistig angeschossen", Corona meistens ein "leichter Schnupfen", Umfragen seien gefälscht: Trump zeigte sich bei "Fox News" in Trump-Manier.

"Das muss ich mir anschauen. Ich werde jetzt nicht einfach Ja sagen", sagte US-Präsident Donald Trump am Sonntag im Interview mit Fox News auf die Frage, ob er eine Wahlniederlage akzeptieren würde. Er werde dazu Stellung nehmen, "wenn die Zeit gekommen ist". Die Demokraten werfen Trump schon seit Längerem vor, dass er plant, das Ergebnis bei einer Wahlniederlage gegen Joe Biden nicht anzuerkennen.

Trump dürfte es ernst meinen, wittert er doch jetzt schon Verschwörungen. Eine Briefwahl - angesichts der Corona-Pandemie wohl nicht die schlechteste Idee - lehnt er prinzipiell ab. Begründung: Die Wahl könne dann eher "manipuliert" werden. Warum, das kann Trump nicht erklären. Er wäre der erste US-Präsident, der eine Wahlniederlage nicht akzeptieren würde. Was dann passiert, das ist unklar.

Bidens Team stellte jedenfalls klar, dass das US-Volk die Wahlen entscheiden werde: "Die Regierung der Vereinigten Staaten ist dazu fähig, Unbefugte aus dem Weißen Haus zu eskortieren."

Biden "geistig angeschossen"

Laut Umfragen ist eine Trump-Niederlage derzeit sehr realistisch. Er kriecht Biden rund acht Prozentpunkte hinterher. Biden liegt auch in den entscheidenden Swing States wie Florida, Michigan oder Wisconsin klar voran. Allerdings war das auch 2016 im Kampf Trump gegen Hillary Clinton nicht anders. Für Trump Grund genug, die Umfragen generell infrage zu stellen: "Das sind Fake-Umfragen. Sie waren 2016 Fake und jetzt sind sie noch mehr Fake."

Dann feuerte er in einer Tonalität gegen Biden, die auch Clinton zu spüren bekam: Biden sei "inkompetent", verstecke sich in seinem Keller und: "Er ist mental angeschossen. Ich werde am Ende nicht verlieren, weil in diesem Land kein geistig angeschossener Präsident wird."

Der "Schnupfen" Corona

Seine geistige Kompetenz versuchte Trump hernach zu untermauern, indem er erklärte, dass die neuerliche Zunahme der Corona-Neuinfektionen in den USA mit der erhöhten Testkapazität korreliere. Ein bekanntes Trump-Mantra der vergangenen Wochen, ähnlich folgender Relativierung: Bei vielen Neuinfizierten handle es sich nur um "junge Leute, die einen Schnupfen haben". 99,7 Prozent aller Corona-Patienten würden "sehr schnell" wieder gesunden, so Trump.

Gesundheitsexperten warnen, dass es auch bei jüngeren Menschen nach einer Corona-Ansteckung ernsthafte Krankheitsverläufe und sogar Todesfälle geben könne.

Laut Johns-Hopkins-University sind bisher mehr als 140.500 Personen in den USA an einer Corona-Infektion gestorben. Ein "Schnupfen" füllt jedenfalls keine Leichenhallen und Krematorien, die in den Bundesstaaten Texas und Arizona derzeit überlastet sind. Pro Tag starben in den vergangenen Wochen etwa 800 bis 1.000 US-Bürger an den Folgen der Lungenkrankheit Covid-19.

Moderator widerspricht, Trump lenkt ab

Als Trump im Fox-Interview dann gegenüber Moderator Chris Wallace behauptete, die USA hätten eine der niedrigsten Sterberaten weltweit in der Corona-Krise, musste auch der Vertreter von Trumps Haus-und-Hof-Sender widersprechen: "Das ist nicht wahr, Sir." Nur sieben Länder weltweit haben laut New York Times eine höhere Sterblichkeitsrate als die USA.

Der Moderator hakte nach, insistierte, dass die Todesrate signifikant steige. Trump wechselte das Thema: "Es ist, was es ist", meinte er. Und: "Es kommt aus China. Sie hätten es niemals freilassen dürfen."

Rückendeckung schwindet

Im Schatten seiner diffusen Aussagen, den öffentlichen Attacken auf US-Obervirologen Anthony Fauci und schlechten Umfragewerten, verliert Trump immer mehr Rückendeckung in republikanischen Kreisen. Republikanische US-Gouverneure verständigen sich bereits ohne Trump auf Strategien gegen das Virus. "Den Präsidenten langweilt die Sache mittlerweile", sagte ein Berater des texanischen Gouverneurs Greg Abbbott. Wenn Abbott Anfragen an das Weiße Haus habe, richte er sie direkt an Vizepräsident Mike Pence.

Auch Fauci berichtete bereits, dass er mit Trump keinen Kontakt mehr habe, sondern ausschließlich mit Pence. Warum er nicht mehr oft mit Trump sprechen dürfe, wisse er nicht. Es gebe aber keinen Zweifel, dass Pence den Experten zuhöre, jeden Tag. Im Senat machen Republikaner ihrem Ärger Luft: Sie fordern, dass es wieder Presse-Briefing mit Fauci und anderen Experten geben solle. 

Der Fraktionschef der Republikaner im US-Senat, Mitch McConnell, positionierte sich beim Thema Mundschutzmasken vor einer Woche direkt gegen Trump. McConnell rüffelte Trump für seine Auftritte ohne Maske - die er selbst gewissenhaft trägt. Gleichzeitig bekräftigte er sein Vertrauen in Fauci und stellte fest: "Wir müssen klar ansprechen, damit es jeder versteht: Das Virus verschwindet nicht, solange wir keine Impfung haben."

Was plant Kayne West?

Abseits dieses Geplänkels, positioniert sich der US-Rapper Kayne West als neuer Gegenkandidat von Trump. Bei einer Wahlkampfveranstaltung in South Carolina brach der einst glühende Trump-Unterstützer West am Sonntag in Tränen aus. Grund: Sein Vater habe ihn abtreiben lassen wollen.

Zu der Wahlveranstaltung des Rappers in Charleston waren nur geladene Gäste zugelassen. West trug eine kugelsichere Weste mit der Aufschrift "Security". Beobachter vermuten, dass West seine Kandidatur nicht ganz so ernst meint und eigentlich darauf abzielt, Biden afroamerikanische Wählerstimmen abzuluchsen.

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