Trump in London: Die Anti-Europa-Tour des Mr. Brexit

Trump in London: Die Anti-Europa-Tour des Mr. Brexit
Warum der US-Präsident unbedingt will, dass London alle Brücken nach Europa abbricht.

Am Ende war natürlich wieder alles halb so wild – und die Schlagzeilen allesamt „fake news“. Man wolle sich lediglich über Handels- und Militärfragen unterhalten, gab sich der US-Präsident an der Seite von Theresa May wieder einmal arg- und harmlos.

Kein Wort davon, dass er gerade erst sein Gastgeberland in Aufruhr versetzt hatte – und zwar mit offener Provokation eben jener Premierministerin, mit der er jetzt über ein „ehrgeiziges Handelsabkommen“ sprach.

In einem Interview mit der Sun, dem Boulevardblatt seines Golf-Kumpanen Rupert Murdoch, hatte er wilde Attacken gegen Mays Brexit-Strategie geritten. Diese sei halbherzig, würde Großbritannien mit einem Fuß in Europa belassen und außerdem alle Aussichten auf ein Freihandelsabkommen zwischen Großbritannien und den USA zunichtemachen.

Er, Trump, habe „Theresa May gesagt, wie man das macht, aber sie hat nicht auf mich gehört“.

Lob für Mays Gegner

Als wäre das noch nicht genug an Provokation, setzte Trump auch noch ein dickes Lob für den soeben im Streit mit May abgegangenen Außenminister Boris Johnson drauf: Dieser wäre ein „großartiger Premierminister“. Am Tag darauf beklagte sich der US-Präsident, von der Zeitung missverstanden worden zu sein: „Fake news“.

Was Trump mit Johnson vor allem verbindet, ist sein überzeugtes Eintreten für einen „harten Brexit“, also einen EU-Austritt, bei dem das Königreich tatsächlich alle Brücken nach Europa abbricht. Für die britische Wirtschaft, die in diesem Fall mit schweren Einbußen rechnet, ein Albtraumszenario.

Das Konzept der Premierministerin – diese Woche in einem Weißbuch an die Brüsseler Verhandler übergeben – sieht dagegen eine enge wirtschaftliche Bindung an Europa vor, inklusive weitreichender Freihandelsabkommen und Anpassung von Zöllen.

Vor allem die Warenströme für die eng mit dem Rest der EU verzahnte Industrie sollen nicht unterbrochen werden, der Finanzplatz London soll weiterhin Brückenkopf für europäische Banken und Versicherungen sein.

Egal, wie das Tauziehen mit den vorerst skeptischen EU-Behörden ausgeht, May will Großbritannien auf alle Fälle in einen gemäßigten Brexit steuern.

Trump dagegen hat schon im Wahlkampf klar gemacht, dass er Großbritannien lieber als transatlantischen Partner der USA sieht als als europäisches Land. Schon damals bezeichnete sich der Unternehmer selbst als „Mister Brexit“ und lud Nigel Farage, den damaligen Chef der offen EU-feindlichen UKIP-Partei, zu einer Wahlkampfveranstaltung ein.

Lieber unter vier Augen

Zu Trumps Begeisterung für einen harten Brexit trägt auch seine Abneigung gegenüber allen internationalen Organisationen und Bündnissen bei.

Der US-Präsident kann mit der UNO nichts anfangen, hat eben erst wieder seine Skepsis gegenüber der NATO demonstriert und hat wiederholt deutlich gemacht, dass er keine Lust auf komplizierte Verhandlungen mit der EU hat. Lieber sitze er einem Staatschef gegenüber und handle einen Deal aus – unter vier Augen und nach Trump-Art natürlich.

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