Trump bettelt republikanische Rebellen vergeblich an: McCarthy im sechsten Anlauf gescheitert
Diesmal sollte es mit Donald Trumps Hilfe gelingen. Nach der verheerenden Zurückweisung durch zahlreiche Abgeordnete aus den eigenen republikanischen Reihen unternahm Kevin McCarthy am Mittwochabend einen zweiten Anlauf, um Sprecher des Repräsentantenhauses in Washington zu werden. Bisher ohne Erfolg. Auch im sechsten Wahlgang verfehlte er die nötige Mehrheit.
Zuvor hatten rund 20 extrem rechts angesiedelte Konservative dem 57-Jährigen den Sprung auf den Sessel, der im institutionellen Gefüge der USA hinter Präsident und Vizepräsidentin der Nr. 3 im Staate zusteht, in drei Wahlgängen verweigert. Ein seit 100 Jahren einmaliger Vorgang. Und Ausdruck heftigster Grabenkämpfe in der „Grand Old Party” (GOP), die bei den „midterms" im November im Ringen mit den Demokraten ein knappes Mandat von 222 zu 212-Stimmen bekam.
Anstatt aber wie vollmundig versprochen, von Tag eins an die Regierung von Joe Biden mit Untersuchungs-Ausschüssen zu jagen und Fehlverhalten aufzudecken, ergeht sich die Partei „in Selbstbeschäftigung und Selbstzerstörung”, wie US-Kommentatoren schreiben.
Während rund 200 Republikaner dem seit vielen Jahren nach dem „Speaker”-Posten geradezu lechzenden Kalifornier ihre Stimme gaben, sabotierten 20 seine Wahl zum Anführer. Sie halten ihn ideologisch für zu biegsam und zu wenig konservativ. Jim Jordan, ein ehemaliger Ringer aus Ohio und permanenter Wadenbeißer von Präsident Joe Biden, erscheint ihnen konfrontativer. Am Mittwoch lenkten die 20 Abtrünnigen ihre Stimmen plötzlich auf den unbekannten Florida-Abgeordneten Byron Donalds. Hintergrund: Jordan will nicht.
Die Donald Trump-hörige Rechtsaußen-Vertreterin Marjorie Taylor Greene aus Georgia wirft den 20 Abweichlern vor, „russisches Roulette mit unserer hart verdienten Mehrheit zu spielen”.
In das gleiche Horn stieß kurz vor dem vierten Wahlgang der heimliche Pate der GOP - Donald Trump. Der abgewählte Präsident warnte die republikanischen Abgeordneten am Morgen auf seinem Twitter-Ersatz „Truth Social” davor, „einen großen Triumph in eine peinliche Niederlange zu verwandeln”. McCarthy werden „einen guten Job, vielleicht sogar einen großartigen Job machen” - darum sollten ihn alle wählen.
Dass der Aufruf nicht verfing (McCarthy benötigt unter normalen Umständen 218 Stimmen, bekam aber zuletzt nur 201), wirft ein ungünstiges Licht auf Trump, dessen Einfluss offenbar schwindet. McCarthys Gegner, etwa die egozentrischen Parlamentarier Matt Gaetz (Florida) und Lauren Boebert (Colorado), sind, wie US-Kolumnisten konstatieren, Extremisten, die die republikanische Fraktion „in Geiselhaft nehmen und die Regierungsgeschäfte sabotieren wollen”.
Wie der Knoten durchgeschlagen werden soll, blieb zunächst unklar. McCarthy sagte im US-Fernsehen, er werde seine Ambitionen keinesfalls begraben und sich weiter zur Wahl stellen. Indirekt schlug er vor, dass seine Gegner sich der Stimme enthalten sollten; dann bräuchte er deutlich weniger als 218 Stimmen.
Der Ruf, Leute wie Steve Scalise mögen als Kompromiss-Kandidat ihren Hut in den Ring werfen, stößt bisher auf verhaltene Reaktionen. Selbst für den Fall, dass sich McCarthy nach langem Wahl-Gewürge doch noch durchsetzen sollte, wäre er, was die praktische Politik anbelangt, den „Rebellen” ausgeliefert. Ohne sie bekäme er keine Gesetzgebung durch. Seine Tage als „speaker” wären von Anfang an mit dem Stigma der Machtlosigkeit behaftet, die Republikaner insgesamt blamiert.
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