Transitzentren an der Grenze: Gezerre um rund 1500 Migranten
Was passiert, wenn die Bayern einen Migranten ohne Papiere an der Grenze erwischen?
Deutschland kann jedem, der ohne Pass bzw. Reisedokumente kommt, die Einreise verweigern – und sogar Anzeige wegen unerlaubter Einreise erstatten. Die bayrischen Polizisten übergeben den Migranten dann an die österreichischen Kollegen – die Annahme wäre aber nicht Pflicht, wird im Innenministerium erklärt. Der Fachbegriff dafür lautet „Zurückweisung“. Außerhalb der Grenzkontrollen gilt binnen einer Frist ein bilaterales Abkommen – ein solches haben die Österreicher auch mit den Italienern.
Was machen die österreichischen Polizisten mit einem von Deutschland Abgewiesenen?
Zunächst kommt die Person in ein Polizeianhaltezentrum, wo anhand der Reiseroute geschaut wird, ob sie weiter zurückgewiesen werden kann. Wenn nach einem Datenbank-Abgleich (Eurodac) feststeht, dass die Person bereits woanders registriert wurde, versucht man, die Person gemäß Dublin-Regelung in das zuständige Land abzuschieben.
Was passiert, wenn der Aufgegriffene Asyl beantragen will?
Sagt er das an der Grenze, dürfen die Deutschen ihn nicht zurückweisen, sondern müssen ein Verfahren beim Asylamt einleiten. Dasselbe gilt, wenn derjenige nach seiner Zurückweisung in Österreich „Asyl“ sagt. Geklärt wird da und dort, ob man selbst oder laut Dublin ein anderes Land zuständig ist. Heißt: Deutschland erspart sich durch die sofortige Zurückweisung an der Grenze viel Papierkram.
Wie viele Illegale sind auf diese Art wieder in Österreich gelandet?
Die Bundespolizei in München hat von Jänner bis Mai 4600 illegale Einreisen über die deutsch-österreichische Grenze festgestellt. Österreich hat 2193 Personen zurückgenommen, also rund zwölf pro Tag.
Wer kommt für die geplanten Transitzentren infrage?
Nach jetziger Lesart nur jene, die tatsächlich an der Einreise gehindert wurden. Von den rund 4600 in Bayern aufgegriffenen Migranten betrifft das aber höchstens ein Drittel. Die deutsche Bundespolizei hat im Bereich ihrer drei Kontrollposten 1512 Aufgriffe registriert (siehe Grafik) – einen Teil davon sogar erst hinter der Grenze. Die Transitzentren sind als „exterritoriale Zone“ angedacht. Das heißt: Man tut so, als ob diese Illegalen nie deutschen Boden betreten hätten (Stichwort: fiktionale Nicht-Einreise). Die Zahl, um die es geht, ist also relativ überschaubar. Offen ist freilich, ob die Bayern ihre Kontrollen intensivieren und es dann mehr Aufgriffe gibt.
Wieso sollte Österreich diese Migranten übernehmen?
Es ist jedenfalls kein Muss, betont Europarechts-Experte Walter Obwexer – nur, wenn sie hier erstregistriert wurden, und das ist praktisch kaum der Fall. Sie zurückzuweisen, wenn das Ersteinreiseland sie nicht nimmt, geht nicht, das machte auch Innenminister Herbert Kickl klar. Wie eine Vereinbarung, die von CDU/CSU angedacht ist, aussehen soll, könne er sich nicht vorstellen.
Was ist im schlimmsten Fall an der deutsch-österreichischen Grenzen zu erwarten?
Die Landeshauptleute von OÖ, Salzburg und Tirol befürchten, dass Deutschland Flüchtlinge im großen Stil zurückweist bzw. ganz dicht macht. Rein rechtlich dürfen die Bayern das nicht (siehe oben), außerdem haben CDU/CSU betont, dass es ohne Einvernehmen mit Österreich keine Maßnahmen geben wird.
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