Tomahawk: Gräbt Trump bald für Kiew das Kriegsbeil aus?

Ein Tomahawk-Marschflugkörper knapp vor dem Einschlag bei einer Übung. Bis zu 2.500 Kilometer beträgt seine Reichweite.
Als US-Präsident Donald Trump vor knapp einer Woche auf seinem Netzwerk Truth Social kundtat, dass er nun plötzlich denke, die Ukraine könne (mit Unterstützung der EU) den Verteidigungskrieg gegen Russland gewinnen und ihr gesamtes Territorium zurückerobern, fragten sich die meisten Beobachter, wann der nächste Stimmungswechsel kommen würde.
Noch ist er nicht eingetreten – im Gegenteil: „Die US-Regierung hindert die Ukraine nicht daran, tief auf russischem Staatsgebiet zuzuschlagen“, sagte Keith Kellogg, Sondergesandter von Präsident Trump, in einem Interview mit dem Sender Fox News.
Dem nicht genug, soll Trump derzeit überlegen, der Ukraine indirekt Tomahawk-Marschflugkörper (Reichweite bis zu 2.500 Kilometer) zu liefern. Die USA würden diese an ein EU-Land verkaufen, dieses würde sie dann an die Ukraine übergeben.
Sollte es tatsächlich so weit kommen, wäre das ein massiver Paradigmenwechsel, den nicht einmal die US-Regierung unter Joe Biden gewagt hatte.
Schläge gegen Raffinerien
Der Tomahawk-Marschflugkörper fliegt wie ein unbemannter Mini-Jet sehr tief, um Radare zu meiden, und trifft dank Satellitennavigation meist metergenau. Wahrscheinliche Ziele der Ukraine wären weitere Ölraffinerien tief in Russland. Seit August greift Kiew gezielt die russische Energie-Infrastruktur an, allerdings mit Drohnen. 16 von 38 russischen Ölraffinerien sollen ukrainische Drohnen seither getroffen und damit die russische Wirtschaft stark gestört haben.
Eine US-Lieferung von Tomahawks würde Kiew einerseits mehr Möglichkeiten geben, seine Schläge zu intensivieren. Andererseits wäre wohl mit einer russischen Antwort zu rechnen: Als die ukrainischen Streitkräfte am 19. November vergangenen Jahres ein russisches Munitionslager in der Region Brjansk mit ATACMS beschossen, reagierte Moskau mit einer Oreschnik-Rakete, die über eine Geschwindigkeit von zehn Mach (12.348 km/h) verfügt.
Kreml baut vor
Die Gefechtsköpfe enthielten keinen Sprengstoff, doch das Video des Angriffs ging um die Welt – und verfehlte seine Abschreckung nicht. Biden ruderte zurück, die Ukraine durfte inoffiziell nicht mehr russisches Territorium mit US-Raketen beschießen. Dazu kommt, dass die ukrainischen Streitkräfte die Tomahawk-Marschflugkörper wohl nicht selbstständig einsetzen werden können.
Eine Causa, die Kreml-Sprecher Dmitri Peskow am Montag aufgriff: „Die Frage ist nach wie vor: Wer kann diese Raketen abfeuern? Können das nur die Ukrainer, oder müssen das amerikanische Soldaten tun? Wer legt die Ziele für diese Raketen fest? Die amerikanische Seite oder die Ukrainer selbst?“ Damit baut der Kreml bereits für seine Reaktion vor, sollte Trump tatsächlich in Kürze beschließen, das bisherige Tabu zu brechen.
Grund dafür sind Berichten zufolge die immer massiveren russischen Angriffe auf die ukrainische zivile Infrastruktur: Mit mehr als 40 Raketen und etwa 500 Drohnen bombardierte Russland das ukrainische Hinterland allein in der Nacht auf Sonntag. Gleichzeitig finden neben den massiven Schlachten um Pokrowsk weitere russische Bodenangriffe um die Städte Siwersk und Kupjansk statt.
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