Russische Kampfflugzeuge für Syrien

epa02873721 Russian aerobatic group "Strizhi" piloting Mig-29 jet perform during a demonstration flight at the MAKS 2011 airshow in the town of Zhukovsky , Moscow region, Russia, 20 August 2011. The tenth airshow MAKS 2011 presents more then 800 participants from 40 coutries of the world. EPA/YURI KOCHETKOV
Nach Raketen hat Russland nun auch Kampfflugzeuge geschickt - keine guten Vorzeichen für die Friedenskonferenz.

Die Meldungen sind widersprüchlich. Laut einem Berater des Kremls plant Russland keine neuen Waffengeschäfte mit Syrien. Soviel er wisse, so der außenpolitische Berater Juri Uschakow, habe Russland „nicht vor, neue Verträge zu schließen.“ Nur wenige Stunden zuvor aber hatte der Generaldirektor des russischen Flugzeugbauers MiG mitgeteilt, eine syrische Delegation verhandle in Moskau derzeit über die Lieferung von mindestens zehn neuen MIG-Kampfflugzeuge des Typs MiG-29M/M2.

Waffenembargo vorbei

Die Meldungen am Freitag kamen, da das von der EU verhängte Waffenembargo gegen Syrien in den letzten Zügen lag. Um Mitternacht lief es aus. Derzeit gelten seitens der EU damit keinerlei Lieferbeschränkungen mehr. Auch wenn es eine interne Abmachung der EU-Staaten gibt, zunächst kein militärisches Material zu liefern. Aber Großbritannien und Frankreich haben unmissverständlich klar gemacht, dass sie genau das wollen. Allerdings an die syrischen Rebellen. Mit diesen Ankündigungen und den Meldungen vom Freitag aus Moskau steht damit unmittelbar die Frage im Raum: Wird der Krieg in Syrien noch mehr zu einem Stellvertreterkrieg, als er ohnehin schon ist.

Gerüchte

Bereits in den vergangenen Tagen hatte es Gerüchte um eine große Waffenlieferung Russlands an Syrien gegeben. In einem Interview mit dem TV-Sender der libanesischen Schiiten-Fraktion Hisbollah hatte Syriens Präsident Bashar al Assad die vollzogene Lieferung des hochmodernen russischen Luftabwehrsystems S-300 angedeutet. Seitens Russlands gab es darauf hin ein Dementi. Es seien bisher keine S-300-Systeme geliefert worden. Fraglich sei überhaupt, ob das noch dieses Jahr geschehe.

Aber aus russischer Sicht ist klar, wie Verteidigungsminister Sergej Schoigu sagte: Wenn eine Seite das Embargo aufhebt, so brauche sich die andere Seite nicht mehr an früheren Verpflichtungen zu halten.

Russland und die USA hatten vereinbart, die syrischen Konfliktparteien – also die syrische Opposition und das Regime – im Rahmen einer Konferenz an einen Tisch zu bringen. Beschlüsse seitens der EU, wie die Aufhebung des Embargos, so der außenpolitische Kreml-Berater Juri Uschakow, würden nicht zu einer „konstruktiven Vorbereitung auf dieses wichtige Ereignis“ beitragen.

Uneinige Opposition

Letztlich hatte auch die oppositionelle Nationale Syrische Koalition ihre Teilnahme an dem Treffen abgesagt. Das, mit Hinweis auf ein anderes ausländisches Engagement in Syrien. Man werde nicht an dem Treffen teilnehmen, solange die libanesische Hisbollah und der Iran bewaffnete Kräfte in Syrien hätten. Dieser Beschluss sowie die Aufnahme von 43 neuen Mitgliedern in die Koalition waren mehr oder weniger das gesamte Resultat achttägiger Beratungen, die ursprünglich drei Tage dauern sollten. Die Koalition hat weiter keinen Präsidenten, ebenso wenig konnte man sich auf ein Übergangskabinett einigen. Dominiert war die Tagung in Istanbul von Grabenkämpfen, wobei die beiden Hauptfinanciers Katar und Saudi-Arabien danach trachteten, ihren Einfluss geltend zu machen.

Der Mangel an Einigkeit in den politischen Gremien der Opposition besteht ebenso in ihrem bewaffneten Arm – was sich gerade jetzt besonders auswirkt. Assads Armee rückt vor. Besonders in der von Assads Truppen umstellten strategisch wichtigen Kleinstadt Al-Qusair toben schwere Kämpfe. Die Stadt wird mit schweren Waffen beschossen. Und aus der Luft bombardiert.

Bei einem Hinterhalt im Nordwesten Syriens sind laut Aktivisten drei westliche Ausländer getötet worden, die offenbar aufseiten der Rebellen kämpften. Sie seien von der Armee in der Region Idlib erschossen worden, erklärte die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte am Donnerstag. Es handelt sich demnach um eine US-Bürgerin und einen Briten, beide muslimischen Glaubens. Die Nationalität des dritten Ausländers sei noch unbekannt.

Medienberichten zufolge reisten seit Beginn des Aufstands im März 2011 hunderte Muslime aus Europa und den USA nach Syrien, um an der Seite der Aufständischen gegen die Regierung von Präsident Bashar al-Assad zu kämpfen.

S-300 ist die Bezeichnung für ein Flugabwehrraketensystem des russischen Rüstungsherstellers NPO Almaz. Mit seiner präzisen Lenkung soll S-300 Flugzeuge oder Raketen innerhalb einer Reichweite von rund 200 Kilometern abschießen. Die mobilen Anlagen bestehen aus einer Radarstation zur Lokalisierung des Gegners sowie mehreren auf Tiefladern montierten Raketenwerfern. Das System soll die Kapazitäten des syrischen Regimes stärken.

Die bisherigen Kapazitäten haben Israel nicht abgeschreckt, mit Luftschlägen in Syrien Waffenlieferungen an die libanesische Schiiten-Organisation Hisbollah zu unterbinden. Die auch vom Iran unterstützte Hisbollah kämpft im syrischen Bürgerkrieg Seite an Seite mit Damaskus.

Sollte Russland sein Flugabwehrraketensystem S-300 an Syrien liefern, würde dies die geostrategische Lage in der Region verändern. In Libyen-Konflikt hatte die NATO die Rebellen damals mit der Einrichtung einer Flugverbotszone unterstützt.

Flugverbotszone als Kriegsauslöser

Auch in Syrien würde die Durchsetzung einer Flugverbotszone wohl den offenen Kriegseintritt des Auslands bedeuten und den Aufständischen entscheidende Vorteile bringen. Die Voraussetzungen sind in Syrien abgesehen vom möglichen Einsatz von S-300 gegen Gegner des Regimes in Damaskus aber auch rechtlich anders: Es fehlt ein Mandat des UNO-Sicherheitsrats für die Flugverbotszone, das wegen der Blockade Russlands und Chinas auch nicht zu erwarten ist. Libyen war im Gegensatz zu Syrien völlig isoliert. Ein militärisches Eingreifen des Westens könnte daher leicht einen Flächenbrand in der ohnehin instabilen Region auslösen.

Russland vertritt die Position, die Abwehrwaffen liefern zu dürfen, da es keine Rüstungssanktionen gegen Syrien gebe. Dem Iran hat Moskau allerdings nach internationalen Protesten in der Vergangenheit die vereinbarten S-300-Lieferungen verweigert.

Kein Hindernis für Israel

Laut dem Luftfahrtexperten Robert Hewson könnte S-300 kein großes Hindernis für die israelische Armee darstellen. "Es ist ein etabliertes, bekanntes System, daher gibt es viel Wissen darüber, wie man damit umgeht, vor allem in Israel", sagte Hewson. Einmal aktiviert, könne S-300 leicht aufgrund seines besonderen Radarsignals ausgemacht werden - "und von da an, ist es nicht mehr weit, es auszuschalten. Es ist keine Wunderwaffe."

Zu den Käufern von S-300 gehört auch Zypern, das es auf der griechischen Insel Kreta positioniert hat. Israel, das enge Beziehungen zu Griechenland und Zypern unterhält, könnte seine Luftwaffe an diesem System bei Mittelmeer-Flügen erprobt haben.

Laut dem Stockholmer Friedensforschungsinstitutes (SIPRI) exportierte Russland 2011 Rüstungsgüter an Syrien im Wert von 312 Millionen Dollar, 2012 für 376 Mio. Dollar (290,48 Mio. Euro).

Der UNO-Sicherheitsrat hat den syrischen Kampfverband Jabhat al-Nusra laut Medienberichten als Terrororganisation eingestuft. Nach den Worten von US-Diplomaten sprachen sich alle 15 Mitglieder des Sicherheitsrates für die Aufnahme der mit dem Terrornetzwerk Al-Kaida verbundenen Al-Nusra-Front in die Sanktionsliste aus, berichtete die russische Nachrichtenagentur RIA Novosti unter Berufung auf die US-Nachrichtenagentur AP. Die offizielle Bekanntmachung der UNO-Entscheidung werde noch im Laufe des Freitags erwartet. Die USA haben die Gruppierung bereits auf ihre Terrorliste gesetzt.

Den Antrag, Jabhat al-Nusra als Terrororganisation einzustufen, hatte das syrische Außenministerium Mitte April beim UNO-Sicherheitsrat eingereicht. Einen Tag vor dem Einreichen des Antrages hatte Abu Bakr al-Baghdadi, der Anführer der irakischen Al-Kaida, mitgeteilt, dass Al-Nusra eine Zelle dieses internationalen Terrornetzwerkes sei. Bereits zuvor erklärte die Al-Nusra-Front ihre Loyalität zu Al-Kaida-Chef Ayman al-Zawahiri.

Jabhat al-Nusra bekannte sich zu mehreren Terroranschlägen in Syrien, zum Überfall auf das Fernsehzentrum in Damaskus und zum Mord an einer Reihe von syrischen Journalisten. Die Al-Nusra-Front gehört zu den radikal-sunnitischen Gruppen, die im syrischen Bürgerkrieg neben den anderen Aufständischen gegen Präsident Bashar al-Assad kämpfen.

Sarin-Fund?

Ankara hat am Freitag zudem türkische Medienberichte über einen Fund von zwei Kilogramm des Giftgases Sarin bei einer Festnahme von Islamisten mit Kontakten zu Rebellen in Syrien dementiert. Der Gouverneur der Provinz Adana habe die Berichte bereits als falsch bezeichnet, sagte ein Regierungsvertreter. Mehrere türkische Medien hatten berichtet, bei einer Festnahme von zwölf Verdächtigen in Adana seien Schusswaffen, Dokumente und auch der Chemiekampfstoff sichergestellt worden. Die Männer sollen demnach den Rebellen der islamistischen Al-Nusra-Front in Syrien angehören und Verbindungen zur Terrororganisation Al-Kaida haben.

Inzwischen seien sechs der Festgenommenen wieder auf freiem Fuß, hieß es in den Berichten weiter. Die türkische Zeitung Vatan berichtete am Freitag, die Festgenommenen hätten Anschläge auf den türkischen NATO-Stützpunkt Incirlik bei Adana oder die in der Türkei stationierten Patriot-Raketen geplant. Sarin-Gas sei mit einem Flugzeug aus Libyen in die Türkei gebracht worden.

Der Gouverneur der Provinz Adana, Hüseyin Avni Cos, hatte am Vortag erklärt, es sei kein Sarin-Gas sichergestellt worden, jedoch seien verschiedene Chemikalien gefunden worden, die nun untersucht würden. Türkische Behörden haben ihre Sicherheitsvorkehrungen im weiteren Grenzgebiet zu Syrien in den vergangenen Wochen erneut verstärkt, nachdem Attentäter in der türkischen Grenzstadt Reyhanli mit zwei Autobomben mindestens 51 Menschen getötet hatten.

Für ein Foto von syrischen Rebellen ist der freie AFP-Mitarbeiter Javier Manzano mit dem Pulitzer-Preis geehrt worden. Der 37-Jährige nahm die renommierte Auszeichnung am Donnerstag (Ortszeit) bei einer Feier an der Columbia-Universität in New York entgegen. Einen Monat nach Verkündung der Preisträger hatten sich die Geehrten, die Jury und zahlreiche Gäste zu einem Mittagessen versammelt. Dabei erhielten die insgesamt 21 Ausgezeichneten jeweils einen Scheck über 10.000 Dollar (rund 7.700 Euro).

Die Aufnahme Manzanos sei "außergewöhnlich", hieß es in der Begründung der Jury. Zu sehen sind auf dem Foto zwei syrische Rebellen, die sich mit Waffen in der Hand in einem Versteck aufhalten, in das nur wenig Licht durch Einschusslöcher fällt. Manzano hatte das Bild im Oktober 2012 in der syrischen Stadt Aleppo aufgenommen.

Manzano wurde in Mexiko geboren und lebt heute in Istanbul. Als freier Fotograf befasste er sich nach Angaben auf der Internetseite des Pulitzer-Preises in den vergangenen Jahren mit dem Drogenkrieg in Mexiko sowie den Kriegen in Afghanistan und Syrien.

Der Pulitzer-Preis ist eine der wichtigsten Auszeichnungen für Journalisten. Heuer gingen vier der Preise an die New York Times. Die Zeitung wurde unter anderem für ihre Berichterstattung über Korruption in chinesischen Regierungskreisen ausgezeichnet.

Der Pulitzer-Foto-Preis wird in zwei Kategorien vergeben. Zum einen in der Kategorie Feature-Fotoberichterstattung (Feature Photography), in der Manzano gewinnen konnte, und zum anderen die Aktuelle Fotoberichterstattung (Breaking News Photography).

Die Gewinnerfotos

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