In Österreich fürchtet man sich vor Blackouts, in Südafrika sind sie Alltag. So schlimm wie in den letzten Monaten war es aber noch nie. Die Bevölkerung ist wütend.
"Was immer du tust, du musst damit rechnen, dass jederzeit der Strom ausgehen kann", sagt Leroy Kgopa. So wie gerade eben. Dann wird es kurz dunkel im Café, abrupt stoppt die Kaffeemühle, der Wasserkocher hört auf zu blubbern. Kgopa hat mittlerweile vorgesorgt: Es dauert nicht lange, dann springt der Generator an, der Strom kommt zurück. Langfristig jedoch, sagt der 32-Jährige zum KURIER, machen ihm die Stromausfälle das Geschäft kaputt.
Während der globale Norden in der heiz- und stromintensiven Winterzeit Glück hatte und von einem großflächigen Blackout verschont blieb, gehört so etwas in Südafrika mittlerweile zum Alltag. Seit 2008 schaltet die Regierung in bestimmten Gebieten für mehrere Stunden den Strom ab, um unkontrollierte Blackouts zu verhindern. "Load shedding" heißt das, was mit Lastenverteilung übersetzt werden kann – mittlerweile ein verhasstes Unwort in vielen Teilen des Landes.
Schwerste Stromkrise in der Geschichte
So häufig und lange wie in den letzten Monaten waren die Blackouts selten, Medien sprechen bereits von der schwersten Stromkrise in der Geschichte des Landes. Teilweise wird für bis zu acht Stunden am Tag der Strom abgestellt. In Johannesburg, mit seinen fünf Millionen Einwohnern, beschränkt sich das normale Leben somit auf wenige Stunden pro Tag. Seit Jahresbeginn gab es nur zwei bis drei Tage ohne Stromausfall.
"Der ganze Alltag dreht sich darum, die Zeitfenster, in denen der Strom läuft, so effektiv wie möglich zu nutzen, seinen Laptop und sein Handy aufzuladen oder Geld abzuheben. Sonst steht man im Blackout ohne Geld und Saft da. Und wer weiß, wie lange es dauert", sagt Lee Mokobe. Der 27-jährige Heilpraktiker spricht aus Erfahrung.
Um Blackouts zu verhindern, schaltet der staatliche Energieversorger Eskom seit 2008 in bestimmten Regionen den Strom für mehrere Stunden ab. 2022 kosteten die Ausfälle das Land rund 350.000 Arbeitsplätze und bis zu drei Prozent Wirtschaftswachstum, schätzen Experten. Der Strompreis steigt jährlich um 15 Prozent.
Südafrika bezieht seine Energie zu 90 Prozent aus fossilen Brennstoffen. Um von der staatlichen Versorgung unabhängig zu werden, setzen reichere Haushalte mittlerweile auf Solarpanels auf den eigenen Hausdächern - für einen Großteil der Bevölkerung jedoch unleistbar.
Mit den Blackouts zu leben, ist nicht nur unbequem, sondern auch gefährlich: Mitten im Verkehr fallen die Ampeln aus, das Warmwasser bleibt kalt, Supermarkt-Kassen funktionieren nicht mehr. Auch die Kriminalität sei gestiegen, sagt Kaffeehausbesitzer Kgopa: "Der Alarm fällt aus, Geschäfte werden plötzlich dunkel. Das reizt natürlich Diebe und Einbrecher."
Diskriminierungsvorwurf
90 Prozent seiner Energie gewinnt Südafrika aus fossilen Brennstoffen. Doch die Kraftwerke sind teilweise 40 Jahre alt, schlecht gewartet und fallen regelmäßig aus. Gleichzeitig zählt Südafrika zu den größten Kohleexporteuren der Welt. Dem staatlichen Energieversorger Eskom, der mit 21 Milliarden Euro hoch verschuldet ist, werden Korruption, Misswirtschaft und Selbstbereicherung vorgeworfen.
Als wäre der Ärger in der Bevölkerung nicht schon groß genug, kommt dazu noch die Vermutung, dass vor allem jene ärmeren Viertel der Stadt, in denen keine Regierungsmitglieder oder reichere Teile der Bevölkerung leben, häufiger und länger von den Blackouts betroffen sind. Zum Beispiel die Township-Siedlung Soweto bei Johannesburg, in der fünf Millionen Menschen, fast ausschließlich Schwarze, leben.
Protest formiert sich
Ausgerechnet hier begannen 1976 die landesweiten Proteste gegen das Apartheid-Regime. Auch diesmal formiert sich Widerstand: Vor dem Eskom-Gebäude in Johannesburg gab es bereits erste Demonstrationen. Gerüchten zufolge soll für Mitte März bereits eine große Protestaktion geplant sein.
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