Stronachs Rinder-Ranch: Bürger bangen um Trinkwasser

Stronachs Rinder-Ranch: Bürger bangen um Trinkwasser
30.000 Rinder auf Tausenden Hektar Land: Frank Stronach will zum Großbauern werden. Dagegen regt sich jetzt heftiger Widerstand.

Einen ganzen Landstrich in Florida (USA) brachte Frank Stronach mit seinen jüngsten Plänen gegen sich auf. Der Austrokanadier, der im nächsten Jahr bei der österreichischen Nationalratswahl mit seinem „Team Stronach“ kandidieren wird, will bei der Kleinstadt Ocala eine gigantische Rinderfarm aus dem Boden stampfen (siehe Grafik). 30.000 Tiere sollen sich künftig auf mehreren Tausend Hektar Weideland am saftigen Gras gütlich tun und praktischerweise in einer ebenfalls geplanten 6000 großen Schlachthalle gleich zerlegt und kundenfreundlich verpackt werden. Vorsorglich wurde vom Staat Florida für das Projekt (wie berichtet) eine Steuer abgeschafft.

Millionen Liter Wasser

Anrainer und Umweltschützer laufen seit Monaten dagegen Sturm und wollen das Projekt stoppen. Ihre Sorge gilt Trink- und Grundwasser und dem empfindlichen Flusssystem der in weiten Teilen unter Naturschutz stehenden Region. Stronach hat im Frühjahr 2012 um die Entnahme von rund 50 Millionen Litern Grundwasser pro Tag angesucht. Das entspricht etwa der Füllmenge von 360.000 Badewannen; oder dem täglichen Verbrauch einer US-Stadt mit 150.000 Einwohnern.

„Save Silver Springs“ tönte es im vergangenen Sommer aus mehr als 100 Mündern. Anrainer und Naturschützer hatten sich vor Stronachs Ranch versammelt um gegen die Wasserentnahme zu protestieren. „Wir sind hier, um unserem Gouverneur zu sagen, dass er Stronach nicht erlauben soll, täglich 50 Millionen Liter Wasser zur Bewässerung zu entnehmen“, erklärte eine Aktivistin.

Reduktion

Stronach zeigt sich in einem offenen Brief überrascht: „Mit den Bedenken der Bevölkerung habe ich nicht gerechnet.“ Er ruderte zurück: Auf der offiziellen Homepage seiner Adena Springs Ranch ist nun nur noch von knapp 19 Millionen Litern Wasser, das man aus dem Grundwasser pumpen will, die Rede.
Die Proteste hören jedoch nicht auf. Dabei klingt das Konzept einer Rinderfarm bestechend: 30.000 Tiere sollen in Florida mit frisch wachsendem Gras gefüttert, ihr Leben bis zur Schlachtbank auf der Weide verbringen. Ein überdimensionaler Biobauernhof. Doch in Florida regnet es zu wenig, um Rinder ganzjährig weiden lassen zu können. Deswegen setzt Stronach auf Bewässerung. Das ist das Problem.

Die nahen Flüsse sind ohnehin schon schwer belastet. Der durchschnittliche Durchfluss hat sich in den vergangenen 50 Jahren um ein Drittel reduziert (Silver River) beziehungsweise halbiert (Ocklawaha River).

Stronachs Rinder-Ranch: Bürger bangen um Trinkwasser
Schuld daran sind bereits bestehende Brunnen für die Landwirtschaft und geringerer Niederschlag. Das belegen Studien, die dem KURIER vorliegen.

„Das Ranch-Projekt würde die angespannte Lage des Grundwasserspiegels weiter verschärfen“, sagt Robert Knight, Direktor des Florida Springs Institute. Er sei nicht grundsätzlich gegen die Ranch, die angesuchte Wassermenge sei jedoch „exzessiv“. Guy Marwick, Gründer des Silver River Museum setzt noch eins drauf: „Was glauben Sie, wie sich täglich 500 Tonnen Kuhmist auf das Grundwasser auswirken?“ Der Nitrat-Gehalt im Silver-Spring-Grundwasser-Reservoir sei auch ohne Fladen von 30.000 Rindern erhöht.

„Human“

Stronach verspricht in seinem Brief an die Bevölkerung eine „humane Rinder-Produktion, Umweltschutz und Schutz des Trinkwassers“. Er ist überzeugt davon, dass die Auswirkungen auf die Umwelt im nicht messbaren Bereich liegen werden.

Zudem sollen im Fußballfeld-großen Schlachthaus rund 100 neue Arbeitsplätze geschaffen werden. Bei einer Informationsveranstaltung in Ocala sagte ein Student dazu: „Silver Springs generiert jedes Jahr 60 Millionen Dollar (rund 46 Millionen Euro) aus dem Tourismus.“ Der lebt fast ausschließlich von den Naturwundern der Flusslandschaften. Würde das Wasser abgegraben, sei es mit dem Fremdenverkehr vorbei. „Wir riskieren 60 Millionen Dollar für 100 Jobs.“

Frank Stronach war für den KURIER nicht zu erreichen. In österreichischen Zeitungen inseriert er jedenfalls, vor allem die bäuerlichen Familienbetriebe fördern zu wollen – und nicht die industrielle Landwirtschaft. In den USA schwingt er sich zu einem Big Player im Fleisch-Business auf.

Stronachs Rinder-Ranch: Bürger bangen um Trinkwasser

Der US-Wasserrechtsexperte John R. Thomas im KURIER-Gespräch über Frank Stronachs Rinderzucht-Pläne und deren mögliche Auswirkungen auf die Umwelt. Der Anwalt ist überzeugt davon, das Millionen- Projekt stoppen zu können.

KURIER: Welche Schwierigkeiten sehen Sie durch Frank Stronachs Ranch-Projekt auf die Region Marion County und Levy County zu­kommen?

John R. Thomas: Silver Springs ist ohnehin von Trockenheit und Wasserentnahmen geschwächt. Und die Wasserqualität ist jetzt schon durch Dünger und Tierfäkalien aus der Landwirtschaft in Mitleidenschaft gezogen.

Sie befürchten, dass das Rinderzucht-Projekt die Umwelt negativ beeinflusst?

Gras ist ein inadäquates Futtermittel, weil es bei uns in Florida einfach nicht genug regnet. Bewässerung, um das Gras das ganze Jahr über wachsen zu lassen, benötigt zu viel Wasser. Die Adena Springs Ranch liegt im Quellbereich des Silver River – und die angekündigte Wasserentnahme wird die Wassermenge im Fluss weiter reduzieren. Dünger und Kuhmist werden in den Silver River und ins Grundwasser sickern. Viele Leute fürchten um ihre geliebten Naturschätze, die – im Gegensatz zu Disney – noch ein echtes Florida zeigen.

Die Zahl der Rinder, die derzeit für Stronachs Ranch kolportiert wird, schwankt zwischen 10.000 und 30.000 Stück.

Die ursprünglichen Pläne, 30.000 Rinder auf der Adena Springs Ranch zu züchten, könnten auf 10.000 Rinder, die den letzten Teil ihres Lebens hier verbringen, reduziert werden. Den ersten Teil des Lebens sollen sie im (benachbarten) Levy County verbringen. Aber im Ansuchen um die Wassernutzung hat sich das noch nicht niedergeschlagen.

Wie viel Wasser will Stronach entnehmen?

Zuerst hat Stronachs Ranch um 87 Millionen Liter pro Tag angesucht. Das SJRWMD (St. John’s River Water Management District) hat sie dann auf ungefähr die Hälfte runtergehandelt. Und jetzt liegen wir bei rund 19 Millionen Liter beantragter Wasserentnahme pro Tag. Aber auch in Levy County wird Wasser in noch unbekannter Höhe benötigt werden. Hier kennen wir noch keine exakten Pläne.

Wie viel Weideland hat Stronach aufgekauft?

Im Antrag an das SJRWMD wird von 12.000 Hektar gesprochen. Wir glauben, dass Stronach für seine Zuchtpläne noch weit mehr Land in der Region akquirieren will.

Wann wird die Entscheidung fallen, ob das Projekt umgesetzt werden kann?

Um den Februar 2013 herum. Aber eine endgültige Entscheidung ist dann noch nicht möglich. Es muss zuvor ein Hearing geben. Da ist noch nichts entschieden.

Sie sind überzeugt davon, das Projekt stoppen zu können?

Ja.

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