"Open Arms" lehnt Hilfsangebot von Spanien ab
Nach zweieinhalb Wochen auf See hat Spanien dem Rettungsschiff "Open Arms" offiziell Algeciras in Andalusien als sicheren Hafen angeboten. "Ich habe veranlasst, dass der Hafen von Algeciras für den Empfang der 'Open Arms' aktiviert werden soll", twitterte der sozialistische Ministerpräsident Pedro Sánchez am Sonntag. "Spanien handelt immer in humanitären Notfällen."
Die Flüchtlingshelfer des Rettungsschiffs haben das Angebot zur Einfahrt in Südspanien aber abgelehnt. Der Vorschlag aus Madrid, die Hafenstadt Algeciras anzusteuern, sei angesichts der Notlage an Bord "vollkommen undurchführbar", sagte eine Sprecherin der Hilfsorganisation Proactiva Open Arms am Sonntag.
Der Gründer der NGO, Oscar Camps, führte auf Twitter aus, dass eine Fahrt von der italienischen Insel Lampedusa nach Algeciras mindestens fünf Tage dauern würde.
NGO-Gründer: Migranten ins Meer gesprungen
Die Lage auf der "Open Arms" sei so schlimm, dass mehrere Migranten ins Meer gesprungen seien, schrieb Camps schon davor zu einem entsprechenden Video auf Twitter. "Wir haben seit Tagen davor gewarnt, die Verzweiflung hat Grenzen. Sie springen ins Wasser und Helfer versuchen, sie aufzuhalten."
Am späten Sonntagabend kam schließlich ein Signal aus Paris. Frankreich will 40 Menschen von Bord der "Open Arms" aufnehmen. Allerdings müssten es Flüchtlinge sein oder Menschen, die "internationalen Schutz" benötigten, hieß es aus dem Innenministerium.
27 Minderjährige durften Italien betreten
Augenzeugen zufolge war die Situation an Bord zuletzt immer angespannter geworden. Einige Migranten hatten demnach bereits damit gedroht, Suizid zu begehen oder über Bord zu springen.
Nachdem 27 unbegleitete Minderjährige am Samstag auf der italienischen Insel Lampedusa nach Erlaubnis des italienischen Regierungschefs Giuseppe Conte von Bord durften, harrten noch 107 Migranten auf dem Schiff der spanischen NGO aus. Seit Donnerstag liegt das Schiff in unmittelbarer Nähe von Lampedusa. Jedoch weigert sich Italiens rechter Innenminister Matteo Salvini strikt, die Menschen an Land zu lassen.
"Die unfassbare Reaktion der italienischen Behörden und insbesondere des Innenministers Matteo Salvini, alle Häfen zu schließen", habe Spanien zur Öffnung von Algeciras veranlasst, heißt es in einer Mitteilung der Regierung in Madrid. Salvini reagierte auf Twitter: "Wer hart bleibt, gewinnt."
Salvini zufrieden
Auf Facebook schrieb Salvini: "Spanien öffnet seine Häfen. Ich habe nicht auf Beschimpfungen und Morddrohungen reagiert. Ein anderer Minister hätte schon vor Tagen nachgegeben." Nach Ansicht des Lega-Chefs hätte das spanische Schiff schon von Anfang an einen Hafen in Spanien ansteuern sollen.
Der italienische Innenminister warnte vor den Folgen, Rettungsschiffe aufzunehmen. "Weitere 356 Migranten an Bord eines norwegischen Rettungsschiffes warten wenige Seemeilen vor Lampedusa aufs Einlaufen. In Italien gibt es keinen Platz für Schlepper", kommentierte Salvini.
Regierungskrise in Italien spitzt sich zu
Der Streit um die "Open Arms" hat die ohnehin zerstrittene italienischen Regierungskoalition aus rechter Lega und populistischer Fünf-Sterne-Bewegung weiter destabilisiert. Salvini musste am Samstag wider Willen vor dem Beschluss von Ministerpräsident Giuseppe Conte kapitulieren, 27 Minderjährige an Bord des Rettungsschiffes "Open Arms" auf Lampedusa an Land gehen zu lassen.
Kritik musste Salvini auch von Verteidigungsministerin Elisabetta Trenta aus den Reihen der Fünf-Sterne-Bewegung hinnehmen. Während Trenta und Conte sich für eine Lösung für die Minderjährigen an Bord engagiert und dabei auch um Salvinis Zusammenarbeit gebeten hätten, habe der Innenminister nie auf ihre Anrufe geantwortet, kritisierte sie.
"Die Politik der geschlossenen Häfen funktioniert angesichts eines Phänomens wie Migration nicht. Es bedarf mehr Unterstützung seitens Europas und starke Investitionen zur wirtschaftlichen und politischen Stabilisierung einiger Regionen Afrikas", sagte die Verteidigungsministerin im Interview mit der Tageszeitung La Stampa. Salvini ist seit Tagen mit seinem harten Kurs mit zunehmendem Widerstand in der Regierung konfrontiert.
Kommentare