Streit um Raubkunst: Wenn die Antike nach Athen heimkehrt

Streit um Raubkunst: Wenn die Antike nach Athen heimkehrt
Kehren die „Elgin Marbles“, die berühmtesten Stücke antiker Raubkunst, heuer nach Griechenland zurück? Gespräche mit London laufen

150 Jahre, das ist selbst für die traditionell schwerfällige internationale Diplomatie viel Zeit. So lange aber drängt Griechenland schon auf die Rückgabe seiner vielleicht berühmtesten Kunstwerke aus der Antike. „Elgin Marbles“, auf Deutsch meistens als „Parthenon Marmore“ übersetzt, heißen die Marmorskulpturen und Friese, die zu den wichtigsten Werken des britischen Museums in London zählen – und dort in einem eigens erbauten Raum ausgestellt sind. Dass sie es tatsächlich zurück in die alte Heimat Athen schaffen könnten, ist das Ergebnis von derzeit intensiv geführten Verhandlungen zwischen Großbritannien und Griechenland.

Denn die die Elgin Marbles sind nicht nur einzigartige antike Kunstwerke, sie sind auch die bis heute bekanntesten Beispiele für Raubkunst aus der europäischen Kolonialzeit. Ihren Namen haben sie von dem Mann, der sie sich mit schon damals, zu Anfang des 19. Jahrhunderts, umstrittenen Methoden beschaffte.

Streit um Raubkunst: Wenn die Antike nach Athen heimkehrt

„Steine entnehmen“

Der britische Adelige und Diplomat Lord Elgin war um 1800 Botschafter des Britischen Empire im Osmanischen Reich. Da Griechenland zu diesem Zeitpunkt noch eine osmanische Kolonie und Athen eine für die Sultane unbedeutende Provinzstadt war, hatte Elgin in Konstantinopel leichtes Spiel. Er bat darum, auf der Akropolis „einige Steine entnehmen“ zu dürfen, offiziell nur, um Abdrücke zu machen. In Konstantinopel kümmerte man sich nicht weiter um die alten Steine, und auch nicht darum, dass Elgin seine Handwerker großflächig Kunstwerke von den antiken Gebäuden auf der Akropolis herunterschlagen ließ. Vor allem vom Parthenon, dem Tempel der Athene, wurden brutal riesige Marmorfriese entfernt.

Kritik an Brutalität

Elgin ließ die Stücke nach England verschiffen und reihte sie dort fürs erste in seinen Privatbesitz ein. Die damals schon aufkommende Kritik an seinem sogar für die Kolonialzeit brutalen Vorgehen wies er öffentlich zurück. Schließlich verkaufte die Stücke an die britische Krone, die sie im British Museum ausstellen ließ.

Die seit Jahren international heftig geführte Debatte um die Rückgabe von Raubkunst aus der Kolonialzeit an die Herkunftsländer hat längst auch die Elgin Marbles erreicht.

Große Fortschritte

Jetzt hat die griechische Regierung, die heuer Wahlen zu schlagen hat, den Druck erhöht. Auch in London, wo man sich bisher mit allen Mitteln dagegen wehrte, seine wertvollsten antiken Stücke einzubüßen, zeigen sich einflussreiche Politiker einsichtig. Eine zentrale Rolle spielt der ehemalige Schatzkanzler George Osborne, der die Verhandlungen für das Museum führt – und die sollen jetzt nach Berichten der Times entscheidende Fortschritte machen. Griechische Verhandler sprechen von einer Rückkehr der Kunstwerke nach Athen noch heuer. Weil sie aber London nicht einfach so aus der Hand geben will, geht das Feilschen um mögliche Kooperationen hinter den Kulissen erst richtig los.

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