Deutschland bremst erstmals beim Atomausstieg: Grüne lenken ein

Closed meeting of the Federal Cabinet in Meseberg
Finanzminister Lindner forderte, dass Akw weiterlaufen. Jetzt plant auch der Grüne Habeck zwei Meiler als Notreserve

Es ist eine kleine Kurskorrektur - mit möglicherweise großer Bedeutung. Der deutsche Umwelt- und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat am Montag angekündigt, zwei von Deutschlands Atomkraftwerken als Notreserve in Bereitschaft zu halten, falls sich die Energiekrise weiter verschlimmern sollte . Eine Entscheidung, die bundesweit von Politik und Industrie mit Argusaugen beobachtet worden war. Schließlich war der deutsche Atomausstieg nach der Katastrophe von Fukushima eine bahnbrechende Entscheidung, die für ganz Europa maßgeblich war. Jetzt sollen nach Informationen des "Spiegel" zwei der drei verbliebenen deutschen Atomkraftwerke bis zum nächsten Frühjahr als Notreserve für die Stromversorgung bereitstehen. Die beiden Kraftwerke Neckarwestheim in Baden-Württemberg und Isar 2 in Bayern werden eine "Einsatzreserve bis Mitte April 2023" bilden. Das ist das Ergebnis eines Stresstests, den Bundeswirtschaftsminister Habeck an diesem Montagabend vorstellen wollte. Das dritte verbliebene Kraftwerk Emsland soll wie geplant zum Ende des Jahres abgeschaltet werden. 

Finanzminister Christian Lindner (FDP), hatte die Debatte am Nachmittag zusätzlich angeheizt. Entgegen der informellen Abmachung seiner Koalitionspartner der Grünen sowie der SPD sprach sich der FDP-Parteichef gegenüber der Süddeutschen Zeitung klar für einen Weiterbetrieb der drei AKWs aus. Lindner rechnet so damit, weitere Steigerungen des Strompreises im Rahmen halten zu können.

"In diesen Zeiten sollten alle Möglichkeiten genutzt werden, den Strompreis für die Menschen und die Betriebe zu reduzieren. Das  ist aus meiner Sicht ein wirtschaftspolitischer Stresstest, der neben dem energiepolitischen Stresstest auch eine Rolle spielen muss", sagte Lindner.

Grüne und SPD hatten sich bereits auf "Streckbetrieb" geeinigt

Über die Medien richtete der Finanzminister seinen Kolleginnen und Kollegen in der Koalition zudem aus, sie müssten mehr auf das Volk hören: "Wir müssen auch erkennen, dass in der Bevölkerung eine ganz große Mehrheit inzwischen der Meinung ist, dass übergangsweise die Kernenergie einen wichtigen Beitrag leistet. Die Menschen haben Sorgen."

Grüne und SPD hatten sich eigentlich bereits grundsätzlich darauf geeinigt, notfalls nur einen sogenannten "Streckbetrieb" der AKWs zu ermöglichen - also ein Weiterlaufen über wenige Monate nur zu jener Kapazität, wie es das Stromnetz zum Abfangen von Notfällen erfordert. Selbst SPD-Parteichefin Saskia Esken erklärte am Montag, dass die Argumente gegen die Nutzung von Atomenergie trotzdem "unverändert richtig" bleiben würden.

Dagegen sprach sich Lindner wenig später erneut aus - diesmal via Twitter:

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